andwerker-Ärger
Es geht um folgende Frage: Wird der Bogen halten, wenn man das Gerüste
abgebaut hat? Der Bauherr, welcher abseits sitzet, fordert, daß das Gerüste
abgebaut werden solle, denn er habe den Bau der Brücke
in Auftrag gegeben und wolle eine Brücke, die ohne Stützpfeiler stehen bleibt
und wolle, daß sie schön sei und wolle, daß sie vollkommen
sei, anderenfalls werde er weder Meister Calabrino, noch den Meister Zimmermann,
noch die Schmiede, welche Nägel und Bolzen geliefert, noch die Steinschneider,
welche den Travertin in viereckige Blöcke zugehauen, noch die Handlanger, noch
auch den letzten aller Bauern bezahlen, welche die Aushub arbeite n für die
Fundamente besorgt hätten. Dieser gewisse Bauherr, welcher die Brücke hatte
bauen lassen, heißt Speckbeißer, genauer gesagt Pappalardo, und er ist eine
Art Fettberg oder Speckberg, mit wabbeliger Haut, welche ihm von allen Seiten
herunterhanget. Umgeben ist er von etwa zehn zerlumpten Soldaten, welche ihn
schützen. Pappalardo hat die Brücke bauen lassen, um Maut von all jenen zu kassieren,
welche den Fluß überqueren wollen. Jetzt sitzt er auf einem hölzernen Bänkchen
und hört zu, was die anderen zu sagen haben. Er sagt nichts. Er hat bereits
ein- für allemal geredet. Hin und wieder entfahren diesem von dunklem Tuche
bedeckten Fettklumpen Windblasen, welche in der Umgebung unter dem Gesichte
von irgend jemand zerplatzen. Zuweilen ist das Zerplatzen still, wie bei Seifenblasen,
doch zuweilen sind es auch tiefe Geräusche, welche die Soldatenschaft um ihn
herum zusammenfahren lasset, ohne allerdings die Diskussion zwischen Meister
Calabrino und dem Meister Zimmermann zu stören. Wer muß die Hölzer des Gerüstes
wegschneiden? Der Architekt, welcher den Brückenbogen gezeichnet, oder wer die
Hölzer angebracht, die ihn fürs erste abstützen? Meister Calabrino sagt, daß
er kein Holz verarbeite und es folglich nicht ihm zukomme, die Stützpfeiler
wegzuschneiden. Meister Zimmermann sagt, er traue dem Steine nicht und der Brückenbogen
sei seiner Meinung nach viel zu kühn. Er sei nicht sicher, daß die Brücke stehenbleibe
und habe Angst, er könne unter den Trümmern begraben werden. Im übrigen ist
niemand der Anwesenden nicht bereit, sich unter den Bogen zu stellen und die
Pfeiler durchzusägen. - Luigi Malerba, Tonino Guerra: Von Dreien, die auszogen,
sich den Bauch zu füllen. Berlin 1996