andgriff

 

Da kam aus dem Moor   unter mitternächtlicher Nebelhülle
Grendel gegangen.  Er trug Gottes Zorn.
Der Übeltäter hatte die Absicht,  so manchen Arglosen
Des Menschengeschlechts  zu ermorden in diesem hohen Saal.
Er wanderte unter den Wolken   bis dahin, wo er das Weinhaus,
Den Goldsaal der Männer,   gar wohl liegen wußte,
Den von Goldzierat glänzenden.   Es war ganz gewiß nicht das erste Mal,
Daß er Hrothgars   Heimstätte aufsuchte.
Niemals in seinen Lebenstagen,   nirgends zuvor und danach,
Hatte er einen härteren Helden   bei den Hallenkriegern gefunden.
Zum Metsaal kam da   der Mann geschritten,
Der Freuden beraubt.   Die feuergehärteten Riegel,
Die Bänder der Tür barsten,   sobald er sie mit den Händen berührte.
Blutdürstig erbrach er,   erbittert, wie er war,
Den Eingang zum Gebäude.  Eilends danach
Lief der grimmige Feind   über den glänzenden Boden,
Außer sich vor Ärger.   Aus seinen Augen flammte,
Der Lohe gleich,   ein gräßliches Licht.
Er erblickte in dem Gebäude   den Bund der Krieger,
Sah die Sippenschar   beisammen schlafen,
Den Haufen der Jungmannschaft.   Da jubelte sein Herz,
Er gedachte in der Tat,   ehe der Tag käme,
Der gräßliche Unhold,   jedem einzelnen von ihnen
Das Leben vom Leibe zu trennen,   nachdem als Verlockung sich ihm
Die Fülle des Fraßes bot.   Doch erfüllte sich ihm das Schicksal nicht,
Daß er noch mehr Männer   aus dem Menschengeschlecht
Nach dieser Nacht verschlingen durfte.   Nunmehr beobachtete der Kraftvolle,
Der Verwandte Hygelacs,   wie der verwüstende Frevler
Mit seinen gefährlichen Klauen   vorgehen würde.
Nicht gedachte da   der Verderber zu zögern,
Schnell ergriff er   bei erster günstiger Gelegenheit
Einen schlafenden Krieger,   schlitzte ihn ohne Widerstand auf,
Zerbiß den Körper,   trank das Blut aus den Adern,
Schlang und schluckte in großen Bissen.   Schnell hatte er
Von dem leblosen Opfer   alles gefressen,
Samt Faust und Fuß;   nach vorn schritt er,
Griff mit der Hand  nach dem Hochgesinnten,
Dem Recken auf der Ruhestatt;  es reckte nach ihm
Der Feind die Finger.  Da faßte Beowulf schnell
Den arglistigen Feind,   indem er sich auf einen Arm stützte.
Sofort fühlte  der Frevler dabei,
Daß ihm noch nie   im Erdenkreis,
In allen Winkeln der Welt,   ein gewaltigerer Mann
Mit härterem Handgriff begegnet war.   Im Herzen wurde er
Von Furcht erfaßt,   doch fort konnte er darum doch nicht.
Bestürzt strebte er fort,   in sein Versteck wollte er fliehen,
Das Treffen der Teufel aufsuchen.   Hier war seines Treibens nicht länger,
Wie er es in alten Tagen   ehedem gewohnt war. 

 - Beowulf  (Übs. und Hg. Martin Lehnert,  Insel Verlag Leipzig 1986, zuerst ca. 650)

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