Handgelenk   Er hob den Degen mit der rechten Hand auf, und sein Handgelenk wollte ihn nicht halten, und er fiel zu Boden. Er hob das Handgelenk und schlug es gegen seine geballte linke Faust, dann hob er den Degen mit der linken Hand auf, nahm sie in die Rechte, und als er sie hielt, konnte man den Schweiß sein Gesicht hinunterlaufen sehen. Der zweite Matador suchte ihn zu bewegen, ins Verbandszimmer zu gehen, aber er machte sich von ihm los und verfluchte die ganze Gesellschaft.

«Laßt mich in Ruhe», sagte er, «und geht doch zum Teufel.»

Er stieß noch zweimal hinein und stieß beide Male auf Knochen. Nun, er hätte jederzeit ohne Gefahr oder Schmerzen den Degen in den Hals des Stiers stoßen können, ihn in die Lunge gehen lassen oder die Gurgel durchschneiden und ihn mühelos töten können. Aber seine Ehre erforderte es, daß er ihn hoch oben zwischen den Schultern tötete, über dem Hörn hineinging, wie es ein Mann tun soll, und dem Degen mit dem Körper folgte. Und beim sechstenmal ging er so hinein. Er kam heraus aus der Begegnung, das Hörn ging gerade nur knapp an seinem Bauch vorbei, als er über ihm die Achseln zuckte, als er passierte, und dann stand er groß und mit eingesunkenen Augen da, das Gesicht naß vor Schweiß, das Haar in der Stirn, und beobachtete den Stier, wie er schwankte, wie ihm die Füße versagten und er hinüberrollte. Er zog mit der rechten Hand den Degen heraus, als Strafe für sie, nehme ich an, aber er wechselte ihn hinüber in die Linke und trug ihn mit der Spitze nach unten und ging hinüber an die barrera. Seine Wut war ganz vorbei. Sein rechtes Handgelenk war zu doppelter Größe angeschwollen. Er dachte an etwas anderes. Er ging nicht ins Verbandszimmer, um es bandagieren zu lassen.

Irgendwer fragte ihn nach seinem Handgelenk. Er hielt es hoch und lächelte es höhnisch an.

«Geh ins Verbandszimmer, hombre», sagte einer der Banderilleros.

«Geh selbst rein.» Maëra blickte ihn an. Er dachte überhaupt nicht an sein Handgelenk. Er dachte an den Stier.

«Er war aus Zement», sagte er. «Scheißstier, aus Zement gemacht.»

Wie auch immer, er starb in jenem Winter in Sevilla mit einem Gummischlauch in jeder Lunge, erstickt von einer Lungenentzündung, die hinzukam, um seiner Tuberkulose ein Ende zu machen. Als er im Delirium war, rollte er unter das Bett und kämpfte mit dem Tod unter dem Bett und starb so schwer, wie ein Mensch nur sterben kann.  - Ernest Hemingway, Tod am Nachmittag. Reinbek bei Hamburg 2003 (zuerst 1932)

 

Hand

 

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