"Prince de Meiningen-Schweinigen"
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Hakennase (2)
Hakennase (3)
Hakennase (4)
Hakennase (5)
Hakennase (6)
Hakennase (7)
Hakennase (8)
Hakennase (9) Onkel
Gallus hatte geschrien und hatte seinen Kopf zurückgeworfen, daß er jetzt,
Unterlippe plus Kinn gewaltig vorgepreßt, und die Hakennase wie einen rotvioletten
Blitz im Gesicht, aussah, als habe er eine erregte Diskussion mit Gott selbst
zu führen. Diese Hakennase hatte Onkel Gallus in den Jahren zwischen 33 und
45 zuweilen Schwierigkeiten bereitet, weil ganz ungebildete Parteigenossen ihm
das als ein semitisches Beimengsel ankreideten. Man hat ihn damals oft und oft
lange Beweise führen hören, daß er keine jener häßlich gebogenen Judennasen
habe, sondern eine zackige, rein arische Hakennase. Bitte: Hakenkreuz, man überlege
einmal! Das sei ja doch schon eine Art Staatsverbrechen, ein verbum compositum,
in dem Haken vorkomme, als etwas Semitisches zu brandmarken. Darauf sagten
selbst die lautesten Angreifer, sie hätten es ja nicht so gemeint; sie suchten
dann um gut Wetter an; sie fürchteten, Onkel Gallus, der immerhin SA-Sturmführer
war, wolle sie jetzt anzeigen, weil sie das Hakenkreuz für etwas Jüdisches gehalten
hätten, das sei aber doch wirklich ein Mißverständnis.
- Martin Walser, Halbzeit. München 1971 (zuerst
1960)