aar
Die Forschungsarbeiten einiger Brasilianer, F. W. Lima, H. Shibata
und L. T. Atalla rüttelten an einer der Grundvoraussetzungen
des Haarvergleichs, nämlich an der Annahme, daß die Spurenelementbilder
der Haare vom Kopf eines und desselben Menschen gleichartig seien. Die
Brasilianer hatten festgestellt, daß selbst in einem Haarbüschel erhebliche
Unterschiede im Spurenelementgehalt bestehen konnten. Und Francis M.
Kerr in Ottawa hatte auch einen Grund für diese in jedem Fall alarmierende
Feststellung gefunden. Er nannte ihn "Haar-Cyclus". Die Masse
der Haare auf dem menschlichen Kopf befindet sich durch Wachstum und Haarausfall
in einem ständigen Wandlungsprozeß. Dem Wachsen eines einzelnen Haares
aus der Haarwurzel folgt eine längere Zeit des Stillstandes, an deren Ende
das Haar abgestoßen wird und das Wachstum eines neuen Haares beginnt. Jede
Haar-Wurzel ist unabhängig von der Nachbarwurzel, und. ein Haarbüschel
enthält neben "stillstehenden" Haaren nachwachsende Haare. Da
die Ernährungsgrundlagen in den Haarwurzeln sich mit der Körper-Ernährung
ändern, sind im stillstehenden Haar andere Elementbilder vorhanden als
im wachsenden, und auch beim wachsenden Haar kommt es auf dessen jeweiliges
Alter an. Ein Haarvergleich mit der Neutronen-Aktivierungsanalyse konnte
demnach nur dann zuverlässige Ergebnisse liefern, wenn man vorher die Haare
auswählte und Haare gleichen Wachstumsgrades gegenüberstellte. Dies war
nach Kerrs Ansicht möglich, schränkte aber die ursprünglich erträumte
schematische Anwendung der Analyse erheblich ein, erforderte besondere
Vorkehrungen und schloß sie für manche Haarspuren überhaupt aus. -
Nach (
net
)
Haar (2) Diese dem menschlichen Haupte
von Natur gegebene, so vorteilhafte Bedeckung, verdient vollkommen die
Aufmerksamkeit, die ihr geschenkt wird. Wirres und unreinliches Haar entstellt
die reizendsten Züge, gibt den Kindern zu Hautkrankheiten Veranlassung
und schadet der Gesundheit allemal. Zu vieles Pomadisieren, Brennen und
zu straffes Aufbinden aber ist stets nachteilig. Der Kamm, dessen Erfindung
sehr alt ist, brachte eine gewisse Ordnung in
die entweder schlicht oder in Locken herabfallenden Haare. — Kunst und
Spekulation haben eine Menge Mittel zu seiner Erhaltung, Färbung und Verschönerung
erfunden, doch sind unbedingt die meisten trügerisch und viele ganz schädlich.
Die naturgemäßeste und folglich beste Behandlung desselben besteht einzig
im täglichen Kämmen und Bürsten nebst mößigem Gebrauch von Ölen und Pomaden;
da aber nicht immer Krankheiten, wo der Arzt allein helfen kann, das Ausfallen
der Haare herbeiführen, so stehe hier ein wenig bekanntes, doch in Wahrheit
erprobtes Mittel dagegen. Oft ist nämlich bloße Schwäche der Haarwurzeln
vorhanden, und man kann in diesem Falle nichts Besseres tun, als alle Morgen
den Kopf mit reinem Kornbranntwein, vermittels eines Schwammes zu befeuchten.
Dies ist neben der reinen Rindspomade zum Glätten und Geschmeidigmachen,
wohl das Kräftigste, was angewendet werden kann. Höchst unvorsichtig ist
der Gebrauch vieler Männer, das Haar am Morgen mit kaltem Wasser zu nässen.
Die Nerven der Kopfhaut leiden dadurch auf das empfindlichste und das Haar
ergraut vor der Zeit. - (
conv
)
Haar (3) Ich setzte mich vor den Sekretär in einen Lehnstuhl, klappte die Platte herunter, öffnete das Schubfach. Es lag voll bis zum Rand. Ich benötigte nur drei Packen, die ich erkennen würde, und machte mich daran, sie herauszufinden.
Ich guckte mir die Augen aus, um die Aufschriften zu entziffern, als ich zu hören oder vielmehr zu fühlen meinte, wie hinter mir etwas vorüberstrich. Ich schenkte dem keine Aufmerksamkeit, sondern dachte, es habe ein Luftzug irgendwelchen Stoff bewegt. Eine Minute darauf aber ließ wieder eine Bewegung, eine kaum merkliche, mir einen sonderbaren, einen unangenehmen kleinen Schauder über die Haut rieseln. Es war dermaßen dumm, mich - wenngleich nur wenig - zu erregen, daß ich mich aus Scham vor mir selber nicht umdrehen wollte. Ich hatte den zweiten Stapel bereits entdeckt, den ich brauchte, und stieß just auf den dritten, als hinter mir, dicht an meiner Schulter, ein schweres, gequältes Seufzen ertönte, daß ich in einem Wahnsinnssatz zwei Meter weit sprang. In meinem Schwung war ich, die Hand am Säbelgriff, herumgefahren, und sicher: wenn ich ihn nicht mir zur Seite gefühlt hätte, wäre ich wie ein Feigling entflohen.
Eine große Frau in weißen Kleidern stand hinter dem Lehnstuhl, darauf ich eine Sekunde zuvor gesessen, und schaute mich an.
Mir fuhr ein solches Entsetzen in die Glieder, daß ich um weniges rücklings niedergestürzt wäre! Oh! wer diesen grauenvollen, blöden Schrecken nie verspürt hat, kann ihn nicht begreifen. Die Seele zerlöst sich; man fühlt sein Herz nicht mehr; der Körper wird weich wie ein Schwamm; es ist, als bräche unser ganzes Innere zusammen.
Ich glaube nicht an Geister; und doch verfiel ich der abscheulichen Gespensterangst! und ich habe gelitten, oh! habe in wenigen Sekunden mehr gelitten als in meinem ganzen übrigen Leben, da ich dem unbesieglichen Grauen erlag.
Wenn sie nicht gesprochen hätte, wäre ich womöglich gestorben! Aber sie sprach; sie sprach mit einer sanften, schmerzlichen Stimme, daß meine Nerven erbebten. Ich würde nicht zu behaupten wagen, daß ich nun Herr meiner selbst geworden und meinen Verstand wiedergefunden hätte. Nein. Ich war außer mir in einem Grade, daß ich nicht mehr wußte, was ich tat; aber jene Art innerster Stolz in mir, ein wenig Stolz des Soldaten wohl auch bewirkten, daß ich, fast wider Willen, eine ehrenhafte Haltung wahrte. Ich posierte vor mir, und vor ihr zweifellos, vor ihr, was immer sie sein mochte, Weib oder Spukgebilde. Ich wurde alles dessen mir später erst bewußt, denn ich versichere Sie, daß ich im Augenblick der Erscheinung nichts dachte. Ich hatte Angst.
Sie sagte: »Oh! Monsieur, Sie könnten mir einen großen Dienst erweisen!«
Ich wollte antworten, doch war ich ohnmächtig, ein Wort zu reden. Ein brüchiger Laut drang aus meiner Kehle.
Sie sprach wieder: »Wollen Sie? Sie könnten mich retten und mich heilen. Ich leide so sehr. Ich leide, oh! ich leide!«
Und sie setzte sich langsam in meinen Lehnstuhl. Sie schaute mich an. »Wollen Sie?«
Ich bekundete »Ja« mit dem Kopf, da meine Stimme noch immer gelähmt war.
Nun streckte sie mir einen Schildpattkamm entgegen und murmelte: »Kämmen Sie mich, oh! kämmen Sie mich; es wird mich heilen' ich muß nur immer gekämmt werden. Sehen Sie meinen Kopf ... Wie ich leide, und wie weh mir die Haare tun!«
Ihre gelösten Haare fielen, sehr lang, sehr schwarz, so schien mir über den Rücken des Lehnstuhls nieder und berührten den Boden.
Warum tat ich das? Warum nahm ich schaudernd diesen Kamm entgegen und faßte diese langen Haare, die mir auf der Haut ein grausiges Kältegefühl gaben, so als hätte ich Schlangen angefaßt? Ich weiß es nicht.
Dieses Gefühl ist mir in den Fingern haftengeblieben, und ich erzittere, wenn ich daran denke.
Ich kämmte sie. Ich bewegte mit meinen Händen, ich weiß nicht wie, dieses eisglatte Haar. Ich bog es, ich wand und entwand es; ich flocht es, wie man die Mähne eines Pferdes flicht. Sie seufzte und neigte den Kopf und schien glücklich.
Plötzlich sagte sie: »Danke!«, entriß mir den Kamm und verschwand
durch die Tür, die ich halb offen gesehen hatte.
- (
nov
)
Haar (4) Wirkungen der Einbildungskraft auf die menschliche Bildung.
Ein sechs- bis siebenjähriges Mädchen, das sich zur Schau herum führen ließ, und hin und wieder mit Rehhaaren bewachsen, besonders aber durch schwammichte Auswüchse am Rücken, die ebenfalls dünn behaart und rehfarbig waren - merkwürdig war. Ihre Mutter soll sich während der Schwangerschaft mit ihr über einen Hirschen mit einer Nachbarinn gezankt haben. Das Bild ist nach der Natur, und sehr ähnlich. - Aber ich stehe hier an einem Abgrunde, wo ich keinen Schritt vorwagen darf.
Gewiß ist, daß diese Auswüchse da sind - an denen sich freylich keine
Aehnlichkeit mit etwas Hirschartigem bemerken
läßt; es sey denn, daß man der Aussage des Vaters glauben wollte - der
geschundene Hirsch habe ungefähr so ausgesehen. - Gewisser ist, daß die
Haare die Hirsch- oder Rehfarbe haben, und daß besonders die Lage, der
Gang der Haare offenbar hirschartig ist. So ist auch die aus der Stirne
und an den Armen und Beinen herauswachsende Locke
von anderer Haarart, als die Hauptlocken. - Gewiß also ist einige Aehnlichkeit
mit Hirschhaar da, und gewiß ist dieß Phänomen ganz außerordentlich. -
Einfluß der Einbildungskraft auf die Bildung oder Mißbildung scheint mir
in diesem Beyspiele schlechterdings unläugbar. - Laßt uns mit dem, daß
es ist, uns begnügen, und nicht zu schnell zum wie möglich? voreilen!
- (
lav
)
Haar (5) Die Endursache der
Pubes [Schamhaare], bei beiden Geschlechtern, und des Mons Veneris [Venushügels],
beim weiblichen, ist, daß auch bei sehr magern Subjekten, während der Kopulation,
die Ossa pubis [Schambeine] nicht fühlbar werden sollen, als welches Abscheu
erregen könnte: die wirkende Ursache hingegen ist darin zu suchen,
daß überall, wo die Schleimhaut in die äußere Haut übergeht, Haare in der
Nähe wachsen; nächstdem auch darin, daß Kopf und Genitalien gewissermaaßen
entgegengesetzte Pole von einander sind, daher mancherlei Beziehungen und
Analogien mit einander haben, zu welchen auch das Behaartseyn gehört. -
Die selbe wirkende Ursache gilt auch vom Barte der Männer: die Endursache
desselben vermuthe ich darin, daß das Pathognomische, also die, jede innere
Bewegung des Gemüths verrathende schnelle Aenderung der Gesichtszüge, hauptsächlich
am Munde und dessen Umgebung sichtbar wird: um
daher diese, als eine bei Unterhandlungen, oder bei plötzlichen Vorfällen,
oft gefährliche, dem Späherblicke des Gegenparts zu entziehn, gab die Natur
(welche weiß, daß homo homini lupus [der Mensch dem Menschen ein
Wolf ist: nach Plautus, Asinaria, 2, 495]) dem Manne
den Bart. Hingegen konnte desselben das Weib
entrathen; da ihr die Verstellung und Selbstbemeisterung (contenance) angeboren
ist. - (
wv
)
Haar (6)Es träumte jemand, sein Geschlechtsglied
sei bis zur Eichelkrone voller Haare und infolge des plötzlich eintretenden
Sprießens ganz zottig. Er wurde ein ausgesprochener Wollüstling, der sich jeder
Art von Ausschweifung hingab, nur gebrauchte er sein Geschlechtsglied nicht
nach Art, wie es Männer zu tun pflegen. Kein Wunder also, wenn dieser Körperteil
so träge wurde, daß wegen der fehlenden Reibung an
einem anderen Körper Haare darauf wachsen konnten. - (
art
)
Haar (7) In kurzer Zeit gelangte ich vor eines
der Schiebefenster, dessen Gitter aus soliden, eng gekreuzten Stäben bestand.
Durch diesen dichten Filter versuchte ich, ins Innere des Hauses zu blicken.
Zunächst sah ich nichts; bald aber konnte ich die Gegenstände, die sich in der
dunklen Kammer befanden, dank den Strahlen der Sonne unterscheiden, deren Schein
langsam verblaßte, da sie im Begriff war, am Horizont zu verschwinden. Das erste
und einzige Ding, das mein Auge traf, war ein blonder, aus ineinander geschachtelten
Hörnern gebildeter Stab. Dieser Stab bewegte sich! Er
ging in der Kammer umher! Seine Stöße waren so heftig,
daß der Boden schwankte; mit seinen beiden Enden schlug er ungeheure Löcher
in die Mauer und glich einem Sturmbock, den man gegen das Tor einer belagerten
Stadt rennt. Seine Bemühungen waren vergeblich; die Mauern bestanden aus Quadersteinen,
und wenn er gegen die Wand prallte, sah ich, daß er sich bog wie eine stählerne
Klinge und wieder emporschnellte wie eine elastische Kugel. Also war dieser
Stab nicht aus Holz! Dann bemerkte ich, daß er sich mit Leichtigkeit zusammen-
und auseinanderrollte wie ein Aal. Obwohl groß wie ein Mann, hielt er sich nicht
aufrecht. Manchmal versuchte er es, dann zeigte sich eines seiner Enden am Gitter
des Schiebefensters. Er machte ungestüme Sprünge, fiel wieder zu Boden und konnte
das Hindernis nicht durchbrechen. Ich begann, ihn mit wachsender Aufmerksamkeit
zu betrachten und sah, daß es ein Haar war. Nach einem schweren Kampf mit der
Materie, die es einschloß wie ein Gefängnis, lehnte es sich gegen das Bett,
das in der Kammer stand, die Wurzel auf einem Teppich ruhend und die Spitze
gegen das Kopfende geneigt. Nach kurzem, von Schluchzen unterbrochenem Schweigen,
erhob es die Stimme und sprach folgende Worte: «Mein Herr hat mich in dieser
Kammer vergessen; er holt mich nicht ab. Er erhob sich aus diesem Bett, gegen
das ich mich lehne, kämmte sein parfümiertes Haar und dachte nicht daran, daß
ich kurz zuvor zu Boden gefallen war. Hätte er mich aufgehoben, so wäre mir
diese Tat simpler Gerechtigkeit nicht verwunderlich erschienen. Er verläßt mich
in dieser verriegelten Kammer, nachdem er eine Frau in die Arme geschlossen
hat. Und welche Frau! Die Laken sind noch feucht von ihrer warmen Berührung
und tragen in ihrer Unordnung den Stempel einer Liebesnacht...» Und ich fragte
mich, wer wohl sein Herr sein mochte! Und mein Auge preßte sich von neuem und
noch entschlossener gegen das Gitter!... «Während die ganze Natur in keuschem
Schlummer lag, paarte er sich in geiler, unreiner Umarmung mit einer verkommenen
Frau. So weit hat er sich erniedrigt, daß er sein erhabenes Antlitz von Wangen
berühren ließ, die durch tägliche Schamlosigkeit verächtlich und bis aufs Mark
entehrt sind. Er errötete nicht, ich aber, ich errötete für ihn. Es ist sicher,
daß er glücklich war, mit solcher Gattin einer Nacht zu schlafen. Die Frau,
erstaunt über das majestätische Aussehen dieses Gastes, schien in unvergleichlichen
Wonnen zu schwelgen und küßte wie rasend seinen Hals.» Und ich fragte mich,
wer wohl sein Herr sein mochte! Und mein Auge preßte sich von neuem und noch
entschlossener gegen das Gitter!... «Ich aber fühlte indessen wie die eitrigen
Pusteln, die wegen der ungewohnten Inbrunst meines Herrn für fleischliche Genüsse
zahlreicher wuchsen, meine Wurzel mit ihrem tödlichen Gift umfingen und mir
mit ihren Saugnäpfen die zeugende Lebenssubstanz entzogen. Je mehr die beiden
sich in ihrem wahnsinnigen Treiben vergaßen, um so mehr fühlte ich meine Kräfte
schwinden. In dem Augenblick, da die leiblichen Begierden den Höhepunkt der
Raserei erreichten, bemerkte ich, daß meine Wurzel in sich selbst zusammensank
wie ein von einer Kugel verwundeter Soldat. Die Flamme des Lebens war in mir
erloschen, ich löste mich von seinem erlauchten Haupte wie ein toter Zweig;
ich fiel zu Boden, ohne Mut, ohne Kraft, ohne Lebenswillen; jedoch mit tiefem
Mitleid für den, dem ich angehörte; jedoch mit ewigem Schmerz um seiner freiwilligen
Verirrungwillen!...» Und ich fragte mich, wer wohl sein Herr sein mochte! Und
mein Auge preßte sich von neuem und noch entschlossener gegen das Gitter!...
«Hätte er wenigstens mit seiner Seele die unschuldige Brust einer Jungfrau umarmt.
Sie wäre seiner würdiger gewesen und die Erniedrigung weniger groß. Er küßte
mit seinen Lippen diese schmutzbedeckte Stirn, über die die Männer mit staubigen
Sohlen hinwegschreiten!... Er atmet mit frechen Nüstern die Ausdünstungen dieser
beiden feuchten Achselhöhlen!... Ich sah, wie deren
Häutchen sich vor Scham zusammenzogen und wie die Nasenlöcher
ihrerseits sich weigerten, diesen infamen Geruch einzuatmen. Aber weder er noch
sie achteten auch nur im geringsten auf die feierliche Warnung der Achselhöhlen,
auf den düsteren, bleichen Ekel der Nasenlöcher. Sie hob ihre Arme noch höher,
und er, mit noch stärkerem Drang, vergrub sein Antlitz in ihren Höhlen. Ich
war gezwungen, der Komplice dieser Entweihung zu sein. Ich war gezwungen, dieser
unerhörten Gliederverrenkung zuzuschauen; der unnatürlichen Verschmelzung dieser
beiden Wesen beizuwohnen, deren verschiedene Naturen ein unermeßlicher Abgrund
trennte ...» Und ich fragte mich, wer wohl sein Herr sein mochte! Und mein Auge
preßte sich von neuem und noch entschlossener gegen das Gitter!... «Als er vom
Geruch dieser Frau befriedigt war, wollte er ihr
die Muskeln, einen nach dem anderen, ausreißen; aber da sie eine Frau war, verzieh
er ihr, und zog es vor, ein Wesen seines Geschlechtes leiden zu lassen. Er rief
einen Jüngling aus der benachbarten Zelle, der in dieses Haus gekommen war,
um einige sorglose Stunden mit einer dieser Frauen zu verbringen und befahl
ihm ausdrücklich, einen Schritt von seinen Augen entfernt, stehen zu bleiben.
Ich lag schon längst auf dem Boden. Da ich nicht die Kraft hatte, mich auf meine
brennende Wurzel zu erheben, konnte ich nicht sehen, was sie taten. Ich weiß
nur, daß, sobald sich der Jüngling in Reichweite seiner Hand befand, Fleischfetzen
zu Füßen des Bettes niederfielen und sich neben mich legten. Sie erzählten mir
ganz leise, daß die Krallen meines Herrn sie von den Schultern des Jünglings
gerissen hätten. Dieser erhob sich nach einigen Stunden, in deren Verlauf er
gegen eine höhere Macht gekämpft hatte, von dem Bett und zog sich in majestätischer
Haltung zurück. Er war buchstäblich von den Füßen bis zum Kopf geschunden; über
die Fliesen der Kammer zog er seine umgewandte Haut hinter sich her. Er sagte
sich, daß er von Natur gütig sei, daß er seine Mitmenschen auch gern für gut
halte; daß er darum dem Wunsch des vornehmen Fremden entsprochen habe, als dieser
ihn.zu sich rief; nie und nimmer aber hätte er vermutet, daß er von einem Henker
gefoltert werden würde. Von einem solchen Henker, fügte er nach einer Pause
hinzu. Schließlich ging er auf das Schiebefenster zu, das sich beim Anblick
dieses hautlosen Leibes mitleidsvoll bis zum Rande des Bodens öffnete. Ohne
seine Haut liegen zu lassen, die ihm noch dienlich sein
konnte und sei es auch nur als Mantel, versuchte er, aus dieser Mördergrube
zu entkommen; nachdem er die Kammer verlassen hatte, konnte ich nicht sehen,
ob seine Kraft bis zur Ausgangstür reichte. O! wie respektvoll entfernten sich
Hennen und Hähne, trotz ihres Hungers, von der langen Blutspur, welche die Erde
tränkte!» - (
mal
)
Haar (8) Im Sommer trug sie weit offene
Ärmel, und ich konnte die Haarbüschel unter ihren Armen sehen. Dieser Anblick
machte mich wild. Ich stellte mir vor, daß sie am ganzen Körper, sogar am Nabel,
behaart sei. Und ich hätte mich gern darin gewälzt und meine Zähne darin vergraben.
Ich hätte Lolas Haar als eine Delikatesse verspeisen können, wenn noch ein bißchen
Fleisch daran gehangen hätte. Jedenfalls war sie, wie ich schon sagte, sehr
behaart; behaart wie ein Gorilla, lenkte sie meine Gedanken von der Musik ab
und hin zu ihrer Möse. Ich war so irrsinnig versessen
darauf, ihre Möse zu sehen, daß ich eines Tages ihren kleinen Bruder bestach,
mich einen kurzen heimlichen Blick auf sie werfen zu lassen, während sie im
Bad war. Sie war noch wunderbarer, als ich mir vorgestellt hatte: ihr zottiges
Fell reichte vom Nabel bis zum Schritt, ein riesiger, dicker Busch, ein Behang,
prächtig wie ein handgewebter Teppich. Als sie mit der Puderquaste darüber fuhr,
glaubte ich in Ohnmacht zu fallen.-
(wendek)
Haar (9)Der Nordamerikaner
Browne (The classification of mankind by the hair and wool of their
heads, Philadelphia 1850) fand, daß unter dem Mikroskop der quere Durchschnitt
des Haars beim amerikanischen Wilden stark und kreisrund, beim Europäer schön
oval, beim Neger aber flach oval (so )
verhält. Die Thatsache ist ganz richtig und kann auch benutzt werden, um die
Abstammung vom Neger zu beweisen, wie ich noch neuerlich bei einer Untersuchung
der sogenannten Azteken hiernach gezeigt habe, daß mit
Recht aus der stark ovalen Durchschnittsform ihres Haares auf Mulattenabstammung
geschlossen werden dürfe (vgl. Abhandlung der wiss. Societät zuLeipzig,
physikalische Klasse, 1857) - Carl Gustav Carus,
Symbolik der menschlichen Gestalt. Darmstadt 1962 (zuerst 1852)
Haar (9) Weiße (soll heißen flachsfarbige), zarte,
reine, flache Haare zeigen immer eine schwache, feine, reizbare oder vielmerhr
schreckbare, drückbare Constitution an; schwarze, krause werden sich nie an
einem sehr feinen, markigen, zarthäutigen markigen Kopfe finden. Wie die Haare
so das Fleisch, wie das Fleisch so die Muskeln, wie diese, so die Nerven, wie
diese, so die Knochen. Wie Eins, wie Alles von Diesen, so die Kraft des Geistes
zu wirken und zu leiden, zu empfangen und zu geben. Die wenigste Reizbarkeit
ist immer beim kurzen, krausen, schwarzen Haar, die meiste beim flachs-weißen,
zarten, Reizbarkeit nämlich ohne Federkraft. Schwerdrückend ohne Federkraft
ist jenes; schwergedrückt ohne Widerstand dieses. - In den Signalementen der
Spitzbuben
wird man wenig weiße Haare finden, wohl aber viel dunkelbraune, auch wol schwarze
Haupthaare und weiße Augenbrauen zusammen.- Lavater, nach: Carl Gustav Carus,
Symbolik der menschlichen Gestalt. Darmstadt 1962 (zuerst 1852)
Haar (10)
Haar (11) Direktor: Vorhänge zu!
Lange weiße
Vorhänge werden zugezogen.
Lehrer: Die Inder haben 445 Haare. Die Sudanneger
haben dagegen nur 440 Haare auf dem Kopf.
Direktor: Schluß! Schluß! Schluß
für immer!
Der Direktor rennt hinaus und schlägt die Tür hinter sich zu.
Lehrer:
Der Mensch kann 60 000 Haare haben. Wer von euch auf das Gymnasium geht, wird
auch das Gewicht des Haares erfahren. Wenn einer von euch auf die Universität
kommen sollte, dann wird er den prozentualen Unterschied von Morgenausfall und
Abendausfall erfahren. Für euch übrigen reicht, daß wir am Tag 120 Haare verlieren.
Übrigens wächst das Haar im Sommer schneller als im Winter. Auch wird das Haar
mit zunehmendem Alter geringer. Das wärs, und jetzt könnt ihr in die Pause.
50 bis 60 Schüler drängen hinaus.
Der Schulrat kommt zum Lehrer vor.
Schulrat:
Mein Lieber! Ich habe Sie heute zum dritten Mal zu beurteilen und zum dritten
Mal nehmen Sie das Haar des Menschen durch. Noch nichts von der Stubenfliege
gehört? - Herbert Achternbusch, Die Stunde des
Todes. Frankfurt am Main 1975
Haar (12) Die Forschungsarbeiten einiger
Brasilianer, F. W. Lima, H. Shibata und L. T. Atalla rüttelten an einer
der Grundvoraussetzungen des Haarvergleichs, nämlich an der Annahme, daß
die Spurcnele-mentbildcr der Haare vom Kopf eines und desselben
Menschen gleichartig seien. Die Brasilianer hatten festgestellt, daß
selbst in einem Haarbüschel erhebliche Unterschiede im
Spurcnelementgehalt bestehen konnten. Und Francis M. Kerr in Ottawa
hatte auch einen Grund für diese in jedem Fall alarmierende Feststellung
gefunden. Er nannte ihn „Haar-Cyclus". Die Masse der Haare auf dem
menschlichen Kopf befindet sich durch Wachstum und Haarausfall in einem
ständigen Wandlungsprozeß. Dem Wachsen eines einzelnen Haares aus der
Haarwurzel folgt eine längere Zeit des Stillstandes, an deren Ende das
Haar abgestoßen wird und das Wachstum eines neuen Haares beginnt. Jede
Haarwurzel ist unabhängig von der Nachbarwurzel, und. ein Haarbüschel
enthält neben „stillstehenden" Haaren nachwachsende Haare. Da die
Ernährungsgrundlagen in den Haarwurzeln sich mit der Körper-Ernährung
ändern, sind im stillstehenden Haar andere Elementbilder vorhanden als
im wachsenden, und auch beim wachsenden Haar kommt es auf dessen
jeweiliges Alter an. Ein Haarvergleich mit der
Neutronen-Aktivierungsanalyse konnte demnach nur dann zuverlässige
Ergebnisse liefern, wenn man vorher die Haare auswählte und Haare
gleichen Wachstumsgrades gegenüberstellte.
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