roßblutel  Unser Pfarrer war ein ordentlicher Mann, einen Meter achtzig und kuchenkrank, mit käsiger Stirn und mit dicken puterroten Backen. Ich hatte ihn erlebt, als er uns einmal besucht hatte. Wilm hatte ihn nicht eingeladen und bot ihm einen Stuhl an. Die beiden setzten sich. Der Pfarrer sagte etwas. Wilm schaute ihn an, sagte nichts. Der Pfarrer redete etwas hektischer. Noch immer breit und behäbig, aber sichtlich nervös. Wilm sagte nichts, schaute ihn nur an. Da sagte der Pfarrer zu mir: »Nun, mein Sohn, du bist auch gewaschen mit dem Blut Christi.« So eine Sauerei. Ich sagte, steif vor Angst und mit entsprechend eisiger Ruhe: »Ich bin nicht Ihr Sohn. Ich bin dem da sein Sohn.« Dabei zeigte ich auf Wilm. Ich wollte noch eine Bemerkung über die Blutwäsche machen, aber Wilm stand bereits auf. Die Audienz war beendet. Mit Höflichkeit brachte Wilm den Mann zur Tür. Ich hatte, ein für allemal, genug. Gesehen, zugehört, genug. Zu Wilm sagte ich: »Das war der Großblutel.« Ich dachte mir das so, weil der Urlaub Wilms zu Ende war und weil ich ihn trösten wollte. Wilm war verärgert. Ich habe ihn selten verärgert gesehen, aber er sagte beherrscht: »Es ist eine Zumutung, dieses Gerede. Dieser Mann kann nichts dafür. Er meint es sogar gut. Das macht einen ja so hilflos. Die Welt geht in Stücke und da hockt er in seinem Aufzug und meint es gut.«  - (kap)
 
 

Blut

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme