Götter, alte   »Die Rosse vom Berge suchten beim Schein der Blitze mühsam ihren Weg von einer Welle zur andern! So sah es in den alten Tagen aus!«

»Herrlich«, rief Dan. Una aber schauderte.

»Ich bin froh, daß sie vorüber sind«, sagte sie. »Warum ist das Volk der Berge aber fortgezogen?«

»Aus mancherlei Gründen. Die Hauptsache, die die meisten zur Flucht trieb, will ich euch später einmal erzählen«, sagte Puck. »Aber sie flohen nicht alle auf einmal. Sie verschwanden einer nach dem andern, jahrhundertelang. Die meisten von ihnen waren Fremde, die unser Klima nicht vertragen konnten. Diese gingen zuerst.«

»Wann zuerst?« fragte Dan.

»Vor zweitausend Jahren oder mehr. Es war so: zuerst waren sie Götter, Die Phönizier brachten einige von ihnen herüber, als sie Zinn kaufen kamen, und die Gallier und die Juten und die Dänen und die Friesen und die Sachsen brachten noch mehr mit, als sie landeten. In jenen Tagen landeten alle in einem fort oder wurden wieder auf ihre Schiffe zurückgetrieben, und immer brachten sie ihre Götter mit. England aber ist ein schlechtes Land für Götter. Ich meinerseits habe so begonnen, wie ich auch fortzufahren gedenke. Ein Napf Grütze, eine Schale Milch und bisweilen ein kleiner, stiller Spaß mit den Bauern auf den Wegen genügte mir damals genau so wie heute. Ich gehöre hierher, müßt ihr wissen, und habe mich mein Lebtag unter das Volk gemischt. Die meisten von den ändern aber blieben dabei, durchaus Götter sein und Tempel und Altäre und Priester und ihre eigenen Opfer haben zu wollen.«

»Menschen, die man in Weidenkörben verbrannte, wie Fräulein Blake uns erzählt hat?« fragte Dan.

»Alle Arten von Opfern«, erwiderte Puck; »waren es nicht Menschen, so waren es Pferde, Rinder, Schweine oder Met. Das ist eine Art klebriges, süßes Bier. Ich mochte es niemals. Sie waren ein steifnackiges, hochmütiges Göttergeschlecht, diese Alten. Was aber war die Folge? Die Menschen lassen sich nicht gern in ihren besten Jahren opfern. Sie wollten nicht einmal ihre Ackergäule schlachten lassen. So ließen sie denn nach einer Weile die alten Götter einfach allein, die Tempeldächer stürzten ein, und die Alten mußten sich auf die Socken machen und sich durchschlagen, so gut es eben gehen wollte. Manche von ihnen nahmen die Gewohnheit an, auf Bäumen herumzulungern, sich in Gräbern zu verstecken und nächtens zu stöhnen. Und wenn sie lange genug und laut genug stöhnten, brachten sie es, weiß Gott, manchmal fertig, einen armen Bauern so zu erschrecken, daß er ihnen ein Huhn opferte oder ein Pfund Butter für sie hinstellte. Ich entsinne mich einer Göttin namens Belisama. Sie wurde später ein gewöhnliches, nasses Wassergespenst irgendwo in Lancashire. Und derart hatte ich noch andere Freunde zu Hunderten. Zuerst waren sie alle Götter. Dann wurden sie zum Volk der Berge, und schließlich verzogen sie sich anderswohin, weif sie sich aus diesem oder jenem Grunde mit den Engländern nicht zu stellen verstanden.« - Rudyard Kipling, Puck vom Buchsberg, nach (ki)

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