lühwein Mein Großvater ärgerte sich nie. Er hatte so viel erlebt, das Schlimmste und Wunderlichste, daß nichts ihn aus der Fassung brachte. Immer erwartete er mehr Gutes als Böses von allem, zumindest von sich selbst, ohne den geringsten Anspruch zu erheben. Im übrigen war der Wein sein Allheilmittel. Hatte er Kummer, schenkte er sich ein Gläschen mehr ein, und je größer der Kummer, desto größer war auch das Gläschen.
Sogar wenn wir krank waren und der Wein uns unzuträglich war, brachte er
uns heimlich ein Glas Glühwein ans Bett; und ob nun die Erhitzung durch das
Getränk seinen Schaden aufwog, und mehr als das, oder ob es daher kam, daß er
den Wein selber aus seinen eigenen Trauben gekeltert hatte, weshalb er viel
fcu gut war, um seinen Enkelkindern nicht anzuschlagen - ich muß aufrichtig'
bekennen, daß dieser Wein, den die Großmutter für Gift hielt, mich mehr als
einmal gesund gemacht hat. - Marcel Jouhandeau, Elise
erzählt. In: M. J., Elise. Reinbek bei Hamburg
1968 (zuerst 1933 ff.)
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