espensterlaufbahn Er
dachte an die Herzoginwitwe, die er so sehr erschreckte, als sie in ihren Spitzen
und Diamanten vor dem Spiegel stand, daß sie in Krämpfe fiel; er dachte an die
vier Hausmädchen, die allein schon dadurch hysterisch wurden, daß er sie durch
die Vorhänge eines unbewohnten Schlafzimmers hindurch angrinste; er dachte an
den Pfarrer der Gemeinde, dessen brennende Kerze er ausblies, als er spät in
der Nacht aus der Bibliothek kam, und der seit dieser Nacht m der Fürsorge von
Sir William Gull war, als ein wahrer Märtyrer unter seinen Nervenstörungen leidend;
und er dachte an die alte Madame de Tremoulliac, die, als sie eines Morgens
früher als gewöhnlich erwachte und ein Skelett in einem ihrer Lehnsessel am
Kamin sitzen und ihr Tagebuch lesen sah, sechs Wochen ihr Bett hüten mußte,
einer Gehirnentzündung wegen, und die nach ihrer Genesung sich wieder mit der
Kirche aussöhnte und ihre Verbindung mit diesem unverbesserlichen Freigeist,
Monsieur de Voltaire, abbrach. Er erinnerte sich an jene entsetzliche Nacht,
als man den gottlosen Lord Canterville in seinem Ankleidezimmer am Ersticken
fand, den Karobuben halb im Schlund steckend, und wie er dann bekannte, noch
bevor er starb, daß er gerade mit dieser Karte Charles James Fox um 50 000 Pfund
Sterling bei Crockford geprellt habe, und schwor, daß das Gespenst ihm diese
Spielkarte in den Hals gesteckt habe. Alle seine großen Erfolge tauchten in
seinem Gedächtnis auf, von jenem Kammerdiener an, der sich im Vorratsraum erschoß,
weil er eine grüne Hand an die Fensterscheiben klopfen sah, bis zur schönen
Lady Stutfield, die für immer ein schwarzes Samtband um ihren Hals tragen mußte,
um die Spuren von fünf Fingern, die er auf ihre weiße Haut gebrannt hatte,
zu verdecken, und die sich schließlich im Karpfenteich am Ende der Königspromenade
ertränkte. Mit dem begeisterten Egoismus des echten Künstlers rief er seine
hervorragendsten Rollen in sein Gedächtnis zurück und lächelte bitter sich selbst
zu, als er an sein letztes Auftreten als «Roter Ruben oder das erdrosselte Kind»
dachte, an sein Debüt als «Dürrer Gibeon, der Blutsauger vom Bexley-Moor» und
an das Furore, das er eines schönen Juliabends machte, als er ganz einfach auf
der Wiese des Tennisplatzes mit seinen eignen Knochen Kegel schob. -
Oscar Wilde, Das Gespenst von Canterville, in: O. W., Lord Arthur Saviles Verbrechen. Stuttgart
1984 (Bibliothek von Babel 30, Hg. Jorge Luis Borges)
|
||
|
||