esindel   Duroy achtete kaum auf das Dargebotene. Er hatte sich umgedreht und betrachtete unausgesetzt hinter sich den großen Wandelgang voller Männer und Prostituierter. Forestier wandte sich an ihn: „Schau doch mal ins Parkett: nichts als Spießer mit ihren Ehefrauen und ihren Kindern, biedere Dummköpfe, die herkommen, um etwas zu sehen.
In den Logen Boulevardbummler, einige Künstler, einige Dirnen zweiter Wahl; und hinter uns die seltsamste Mischung, die es in Paris gibt. Was sind das für Männer? Beobachte sie nur mal. Da ist alles vertreten, alle Kasten, aber das Gesindel überwiegt. Da sind Geschäftsangestellte, Bankbeamte, Ministerialbeamte, Reporter, Zuhälter, Offiziere in Zivil, Lebemänner im Frack, die eben im Restaurant gespeist haben und die aus der Oper kommen, um dann noch ins Theâtre des Italiens zu gehen, und dann noch eine ganze Menge verdächtiger Gestalten, die jeder Analyse trotzen. Was die Frauen betrifft, da gibt's nur eine Marke: die Dirne, die im Café Americain soupiert, die man für einen oder zwei Louisdors haben kann und die nach dem Ausländer Ausschau hält, der fünf Louisdors zahlt; wenn sie frei ist, benachrichtigt sie ihre Stammkunden. Man hat sie alle ja kennengelernt in all diesen Jahren; man sieht sie jeden Abend, das ganze Jahr an denselben Orten, außer wenn sie vorübergehend in Saint-Lazare sind oder in Lourcine, um sich auszuheilen."

Duroy hörte nicht mehr hin. Eine von diesen Frauen hatte sich mit dem Ellbogen auf die Brüstung ihrer Loge gestützt und sah ihn an. Es war eine üppige Brünette, weiß geschminkt, mit schwarzen, mit Kohlestift verbreiterten und unterstrichenen Augen, die von mächtigen künstlichen Wimpern umrahmt waren. Ihre allzu volle Brust spannte die dunkle Seide ihres Kleides; und ihre geschminkten Lippen, rot wie eine blutende Wunde, verliehen ihr etwas Bestialisches, etwas Glutvolles, Übersteigertes, an dem sich indes die Begierde entzündete.

Mit einer Kopfbewegung winkte sie eine ihrer Freundinnen herbei, eine ebenfalls üppige Rotblonde, und sagte zu ihr, laut genug, um gehört zu werden: „Sieh mal, das ist ein hübscher Junge; wenn der mich mag für zehn Louisdors, sag ich nicht nein." - Maupassant, Bel-ami. Hattingen 1961 (zuerst 1885)

 

Pövel

 

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