esetzgeber Ich
habe, wie ich mich erinnere, in meinem Artikel den Gedanken entwickelt, daß
alle .. . nun, zum Beispiel alle Gesetzgeber und Führer der Menschheit, von
den ältesten Zeiten über Lykurg, Solon, Mohammed bis zu Napoleon und so weiter,
ausnahmslos Verbrecher waren, schon weil sie, indem sie ein neues Gesetz gaben,
eben dadurch das alte brachen, das von der Gesellschaft heilig gehalten wurde
und von den Vätern übernommen war. Und natürlich machten sie auch vor Blut nicht
halt, sofern das Blut - manchmal gänzlich schuldloses und für das Gesetz heldenhaft
vergossenes Blut - ihnen nur helfen konnte. Es springt geradezu in die Augen,
daß die meisten dieser Wohltäter und Führer besonders schreckliche Bluthunde
waren. Mit einem Wort: ich ziehe den Schluß, daß alle großen Männer - auch jene,
die nur ein ganz klein wenig das Alltägliche überragen, das heißt jene, die
nur überhaupt fähig sind, etwas Neues zu sagen - ihrem Wesen nach unbedingt
Verbrecher sein müssen ...
- Fjodor M. Dostojewskij, Schuld und Sühne. München 1987
Gesetzgeber
(2) Karl V. war voll des frömmsten Willens,
doch sinnlich bedrängt, schmächtig von Gestalt, zuinnerst zaghaft, mißtrauisch,
doch gewaltsam zäh, ein ehrgeiziger Fechter, romantisch schwer* mutig und
romanisch befeuert, doch durchlüftet von flandri3 schem Seewind, versöhnlichen
Geistes, doch leicht gekrankt, ein gelegentlicher Schlemmer, doch schließlich
ein kluger Ver* zichter. Er war der letzte Großkaiser des Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation mit europäischem Großraum und gewaltigem Kolonialbesitz,
und war der letzte, den ein Papst gekrönt (von Bonaparte zu schweigen).
Karl V. war einer der wenigen Herrscher, die mehr Kinder der Sünde gemacht
als Todesurteile unterschrieben. Nie hat er persönliche Grausamkeiten begangen,
keine Verwandten vergiftet, keine Frauen aufs Schafott geschickt, aber
seine Peinliche Gerichtsordnung sieht für Aneignung fremden Eigentums,
Anstiftung zum Mord und Freiheitsberaubung grausame Strafen vor: Zerschneidung
des Körpers in vier Stücke, Zerstoßung der Glieder durch ein eisenbeschlagenes
Rad, Ertränken, Lebendigbegrabenwerden, Tod durch Verbrennen. Er hat alle
die genannten Delikte im großen begehen lassen und mit begangen, aber da
es von Staats wegen geschah, trugen sie ihm nicht mehr als ein Gallenleiden
ein. - (bord)
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