eschlechtsglied  Keusch und eisig strebt das entgeschlechtlichte Geschlechtsglied des Geistes darauf, mit seinem toten Samen den sterilen und jungfräulichen Text zu schwängern. Zuchtvolle Liebe zur Schrift, durch gelehrten Ekel von jeglicher Libido abgezogen, verführt den Philologen dazu, kniffliger Knabenschänder ihrer nächtlichen Schleimhäute zu sein und in der kompakten typographischen Ewigkeit die flattrigen Sprüche zu ordnen. Aber der Ärger und dann die Langeweile, der Abscheu und dann der Ekel, schließlich der Haß, der enthaltsame, trunkene Haß des Textes treiben ihn, scharfsinnige Demystifikation, zudringliche Gesetzesänderung auszuklügeln, das vieldeutige Dementi, die schamlose >lectio difficilior‹ - sie trainieren ihn in Ironie, in Sarkasmus, in verächtlichem Verschweigen, in witziger Ausflucht, Erbostheit, Zorn, mörderischer Wut.

Der Kommentator macht also in düsterer Geduldigkeit die Erfahrung einer nicht dialektischen Qual von Vorliebe und Groll, sei's die eines eiskalten Rächers oder eines liebenden Bräutigams. Diese behinderte Berufung stimmt schlecht überein mit der Lauheit der Gefühle: allein indem sie uns abbringen oder sowohl Vorsicht wie finsteres Mißtrauen rauben möchte. Und vielleicht sind wir alle, in verschiedener Weise, aus mittelmäßigem, kraftlosem Teig: träge, transusige Dozenten. - Giorgio Manganelli, Omegabet. Frankfurt am Main 1988 (zuerst 1969)

 

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