eräusch, stilles  Ihr müßt auch  zugeben: daß jene Geräusche, die ihr unleugbar gehört habt, eine so große Instabilität des verlassenen Dorfs verraten, daß man annehmen muß, es sei in diesem Ausmaß zerstört, erschöpft und abgewirtschaftet nicht durch die Anwesenheit von Händen, sondern im Gegenteil durch ihre Abwesenheit, verzweifelt über die unmögliche Entelechie, die ihm, dem Dorf, vorgeschlagen wurde, und die es beunruhigt hat, wenn eine so anthropomorphe Sprache hier überhaupt statthaft ist; daß kurz gesagt das Dorf, selbst wenn es nicht lebendig und strenggenommen auch nicht tot ist, in irgendeiner Weise dahinsiecht oder eine ausgetüftelte Selbstvemichtung betreibt. Es wird also ein ununterbrochenes Schaudern sein, vielleicht ein Abrutschen von Erdschichten, was dieses Zittern der Dinge verursacht, die allmählich zerbröckeln; und deshalb werden dort Splitter und Bröckchen sein, nicht mehr, wo eine zugleich bresthafte und abstrakte Phantasie Füße gemutmaßt hatte. Aber mit Sicherheit werdet ihr sicherlich dessen nicht ganz sicher sein; und ihr werdet es noch weniger sein, wenn ihr eure erstaunte Seele schärft, um das zu entziffern, was euch ein Gleiten deucht, oder ein Schleichen  von Schlangen oder Nattern oder anderem schlankem Tier, langleibig, mit feuchtem Bauch, meist von schweigsamer Natur; ringelig, giftig, wachsam; Farbe der Nacht; oh, mehr noch als bei den mutmaßlichen Füßen ein anfechtbares Geräusch, wäre es nicht so konstant; ein eindeutiges Geräusch, würde es sich nicht so bemühen, gewundene Linien zu zeichnen; ein Geräusch, das nicht einmal vom Schlaf ablenken könnte, es sei denn durch die anmutige Unregelmäßigkeit seines Verlaufs, zugleich verbissen und leicht, zögernd und rasch; ein Geräusch, das irritierend wirkte durch seine Irrelevanz, schiene es nicht in Wahrheit nach irgendeiner Stimme zu verlangen und in einem Schweigen zu verharren, das man schwerlich als harmlos betrachten kann; und schließlich könnte auch noch dieses geschehen: daß jenes Geräusch deshalb beunruhigend ist, weil es in eine Stille getaucht ist, die man mit Grund als schweigsam phantasieren, aber nur phantasieren kann, und zwar absichtlich schweigsam und deshalb über alle Maßen tückisch.  - Giorgio Manganelli, Geräusche oder Stimmen. Berlin 1989
 
 

Geräusch

 

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