enugtuung  Friedhöfe haben eine starke Anziehung; man sucht sie auf, auch wenn man keinen Angehörigen dort liegen hat. In fremden Städten pilgert man zu ihnen hin; man läßt sich Zeit für sie; man ergeht sich darin, als wären sie für einen angelegt worden. Es ist auch in der Fremde nicht immer das Grab eines verehrten Mannes, das einen hinzieht. Aber selbst wenn der Besuch ursprünglich einem solchen galt, so wird doch immer mehr daraus. Man gerät auf dem Friedhof sehr bald in eine Stimmung ganz eigener Art. Es ist fromme Sitte, sich über die Natur dieser Stimmung zu täuschen. Denn der Ernst, den man fühlt und den man noch mehr zur Schau trägt, verdeckt eine geheime Genugtuung.   - (cane)

Genugtuung  (2)  "Was verlangst du von mir für eine Genugtuung?" — „Leben um Leben!" rief der Drache. „Gut, ich will mich selber zerstückeln. Versprichst du mir, meinen Eltern dann nichts zu tun ?" —  Der Drache war einverstanden und befahl, die Fesseln der Eltern zu lösen. Notscha schlug sich erst einen Arm ab. Seine Mutter brach in lautes Weinen aus. Aber es half nichts. Schon hatte er sich den Leib aufgeschlitzt, die Eingeweide traten hervor, seine drei Geister und neun Seelen zerstreuten sich, und sein Leben kehrte ins Jenseits zurück. - (chm)

Genugtuung  (3)  Bellodi erzählte die Geschichte eines sizilianischen Gefängnisarztes, der sich mit Recht in den Kopf gesetzt hatte, den der Mafia angehörenden Häftlingen das Vorrecht zu entziehen, sich im Lazarett einzunisten. In dem Gefängnis gab es viele Kranke, sogar einige Tuberkulöse, die in den Einzel- und Gemeinschaftszellen lagen. Währenddessen hielten die Mafiaanführer bei bester Gesundheit das Lazarett besetzt, um in den Genuß einer besseren Verpflegung zu kommen. Der Arzt ordnete an, sie sollten in die regulären Abteilungen zurück, und ins Lazarett sollten die Kranken kommen. Weder die Polizisten noch der Direktor befolgten die Anordnung des Arztes. Der Arzt schrieb an das Ministerium. Und so wurde er eines Nachts ins Gefängnis gerufen. Man sagte ihm, ein Häftling bedürfe dringend eines Arztes. Der Arzt ging hin. Plötzlich befand er sich im Gefängnis allein inmitten von Häftlingen. Die Mafiaanführer verprügelten ihn gründlich, nach allen Regeln der Kunst. Die Aufseher bemerkten nichts. Der Arzt zeigte die Sache beim Staatsanwalt und beim Ministerium an. Die Mafialeute, allerdings nicht alle, wurden in ein anderes Gefängnis verlegt. Der Arzt wurde vom Ministerium entlassen, da sein Übereifer zu Zwischenfällen Anlaß gegeben habe. Als militantes Mitglied einer Linkspartei wandte er sich um Unterstützung an seine Parteigenossen. Sie antworteten ihm, es sei besser, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Da es ihm nicht gelang, für die ihm angetane Beleidigung Genugtuung zu erhalten, wandte er sich schließlich an einen Mafiaführer. Der ließ ihm wenigstens die Genugtuung zuteil werden, daß einer von denen, die ihn verprügelt hatten, in dem Gefängnis, in das er versetzt worden war, selbst verprügelt wurde. Anschließend wurde ihm dann versichert, der Schuldige sei gebührend verprügelt worden.  - Leonardo Sciascia, Der Tag der Eule. Zürich 1991

Genugtuung  (4)  

Triumph Ausgleich

 

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