enforschung
Entgegen der unter romantischen Zeitgenossen weit verbreiteten Vorstellung
vom Forscher als einem Rimbaud des Mikroskops, sind die Molekularbiologen meistens
rechtschaffene, nicht sonderlich geniale Techniker, die Le Nouvel Observateur
lesen und davon träumen, ihren Urlaub in Grönland zu verbringen. Die molekularbiologische
Forschung erfordert keinerlei schöpferische Begabung, keinerlei Erfindungsgabe;
in Wirklichkeit ist es eine fast völlig routinemäßige Tätigkeit, die nur durchschnittliche,
zweitrangige geistige Fähigkeiten erfordert. Die Leute schreiben Doktorarbeiten,
habilitieren sich, dabei würde ein Grundstudium völlig ausreichen, um die Apparate
zu bedienen. »Um sich eine Vorstellung vom genetischen
Code zu machen«, pflegte Desplechin, der Direktor der Biologieabteilung
des nationalen Forschungsinstituts CNRS, zu sagen, »um das Prinzip der Proteinbiosynthese
zu entdecken, ja, da mußte man schon die Ärmel etwas hochkrempeln. Übrigens
hat, wie Sie ja wissen, Gamow, also ein Physiker, als erster die Sache unter
die Lupe genommen. Dagegen die Entschlüsselung der DNA-Moleküle, bah ... Da
wird entschlüsselt und entschlüsselt. Man nimmt sich ein Molekül vor und dann
das nächste. Gibt die Daten in einen Computer ein, der Computer berechnet die
Untersequenzen. Man sendet ein Fax nach Colorado: die arbeiten am Gen 627, wir
sitzen am C33. Reine Bastelei. Ab und zu gibt's eine kleine technische Neuerung;
das reicht im allgemeinen schon für den Nobelpreis. Das ist doch Kinderkram;
geradezu lächerlich.« - Michel
Houellebecq, Elementarteilchen. München 2001
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