enehmigung   Auf diesem Gebiet war Sarah bisher Amateur gewesen, aber mit zwanzig heiratete sie, und nun konnte sie es mit amtlicher Genehmigung tun. Zu allem Überfluß fand die Hochzeit auch noch in der Kirche statt, vor den Augen der Familie, der Freunde und Nachbarn, vielleicht sogar mit Gott als Zeugen, denn ER war gewißlich eingeladen. Sie war ganz in Weiß, obgleich wohl schwerlich eine Jungfrau, denn sie war im zweiten Monat schwanger, und dies nicht von dem Hochzeiter, der Sylvester hieß. Nun konnte sie eine Professionelle werden, gesetzlich geschützt, mit dem Beifall der Gesellschaft, dem Segen der Kirche und sicherer Unterstützung durch ihren Ehemann.

Sarah verlor keine Zeit. Erst mal, zum Warmwerden, war es der Gasmann, dann der Fensterputzer, dessen Arbeitszeit und -dauer außerordentlich schwankte, je nachdem, was sie Sylvester über den Zustand der Fenster erzählt hatte. Manchmal mußte Sylvester acht Stunden Arbeit und noch ein paar Überstunden bezahlen. Es kam vor, daß der Fensterreiniger schon da war, wenn Sylvester zur Arbeit ging, und noch immer da war, wenn er abends nach Hause kam. Aber das waren die kleinen Anfänge, inzwischen war die fortschrittliche Sarah schon bei ihrem Rechtsanwalt angelangt, was den Vorteil mit sich brachte, daß dessen Dienste für die Sylvester-Dillon-Familie - inzwischen waren es drei - kostenlos waren.

Sylvester war stolz auf seinen Sohn Edward, und er errötete vor Freude, wenn seine Freunde Bemerkungen darüber machten, wie ähnlich Edward ihm sähe. Es waren keine Lügen; diese Freunde sagten eben, was sich nach ihrer Ansicht schickte, und was sie auch sonst zu einem Vater sagen würden.  - Patricia Highsmith, Kleine Geschichten für Weiberfeinde. Eine weibliche Typenlehre in siebzehn Beispielen. Mit siebzehn Zeichnungen von Roland Topor. Zürich 1979 (detebe 20349)

Genehmigung (2)   Plötzlich packte mich ein Entsetzen darüber, daß ich hier, während anderswo Hinrichtungen stattfanden, vor dem Doktor stand, den Schwanz in der Hand und außerstande war, eine Erektion und ein paar Spermatropfen zu liefern. Und dann ging die Tür auf, der Doktor stand vor mir, meine Akten in der Hand, anscheinend hatte er sie erst jetzt gründlich gelesen und festgestellt, um wen es hier ging, deshalb sagte er liebenswürdig: »Herr Ditie, was ist denn los?« Er tätschelte mir die Schulter und gab mir ein paar Fotografien und machte das Licht an, und mein Blick fiel auf nackte Pornogruppen, das alles war mir nicht neu, doch früher hatte ich, wenn ich mir dergleichen ansah, wenn ich solche Fotos in den Fingern hielt, immer gleich einen Steifen gekriegt, doch je länger ich mir die Pornofotos ansah, desto deutlicher sah ich die Schlagzeilen und Nachrichten in der Zeitung, in denen mitgeteilt wurde, daß diese und vier weitere Personen verurteilt und erschossen worden seien, jeden Tag mehr und immer andere unschuldige... Und ich stand hier, in der einen Hand mein Glied, mit der anderen die pornographischen Fotos auf den Tisch legend, ohne daß ich fertigbekam, worum ich gebeten worden war, um die Befähigung zu erlangen, eine deutsche Frau zu befruchten, meine Braut Lisa, und schließlich mußte eine junge Schwester kommen und ein paar Handgriffe an mir vornehmen, bei denen ich an nichts mehr denken konnte und zu denken brauchte, da die Hand der jungen Schwester so hurtig war, daß sie nach ein paar Minuten auf einem Blatt Papier zwei Tropfen meines Samens wegtragen konnte, der binnen einer halben Stunde als ausgezeichnet befunden wurde, als allein fähig, auf würdige Weise eine arische Vagina zu schwängern... Also hatte das Amt zum Schütze deutscher Ehre und deutschen Blutes nichts dagegen einzuwenden, daß ich eine Arierin deutschen Blutes nahm, und man fertigte mir mit kräftigen Stempelhieben eine Heiratsgenehmigung aus, während tschechische Patrioten mit den gleichen Hieben und den gleichen Stempeln zum Tode verurteilt wurden. - Bohumil Hrabal, Ich habe den englischen König bedient. Frankfurt am Main 1990

Genehmigung  (3)   »Ich/wir haben nie gewußt, daß hier druntoben etwas existiert, das man als Genehmigung für irgendetwas bezeichnen könnte, und auch nicht, daß hier jemand existiert, der solche Genehmigungen erteilen kann. Und ist denn nicht..., ist nicht gerade dieser selbige nämliche Ort der Ort, die Ortschaft, die Ürtlichkeit, wo alles, absolut alles verboten ist, so daß alles mit dem Nichts koinzidiert?«

»Die Tatsache, daß hier keine Genehmigungen existieren, entbindet nicht von der Verpflichtung, sich welche zu verschaffen; daß ferner weder Ämter noch Amtspersonen existieren, die befugt sind, solche Urkunden auszustellen, entbindet nicht von der Verpflichtung, darum anzusuchen; man wende sich an die inexistente Behörde. Sie ist dienstfertig und hilfsbereit. Es stimmt, daß hier alles verboten ist, aber das befreit nicht von der Verpflichtung, sich eine Verbotserlaubnis zu verschaffen, und das, was in Ermangelung eines Verbots erlaubt ist, ist verboten, weil das Verbot in umgekehrter Richtung wirkt. Ihr müßt also eine Bescheinigung vorweisen, aus der hervorgeht, daß es euch verboten ist, nicht einzutreten. Macht euch ans Werk.«

»Was mögen das bloß für Bescheinigungen sein, oh weise Weberin der ›Neins‹ und der nichtvorhandenen ›Jas‹? Und wie macht man es, denjenigen zu finden, der inexistent über gültige Stempel verfügt, oder vielmehr über ungültige, die gültig verbieten?«

»Es gibt äußerliche und innerliche Bescheinigungen. Die äußerlichen sind auf die Haut, das Fell, den Panzer, den Schnurrbart der Nagetiere und den Schwanz der flammenden Kometen geschriebene Zeichen und werden von routinierten Händen ruinierter und falscher Götter angebracht. Der Staub einer Hand, die sich allmächtig gab, der Schimmer eines Fingernagels, ein glattgewetzter Knochen wischt über die Haut, das Fell, den Panzer, den Schatten, den Schwanz, und löscht das Verbot aus, um das gegenteilige Verbot einzutragen. Aber die toten Götter sind tot, d. h. sie haben nie existiert; und wenn es auch nicht unmöglich ist, so ist es doch sehr schwierig, in das Gebiet derer einzudringen, die nie existiert haben; und die falschen Götter sind nun einmal falsch, weshalb jede ihrer Urkunden umgekehrt gelesen werden muß. Ein genehmigter falscher Toter stellt somit ein Verbot dar, und ihr müßt euch ein Besuchsverbot geben lassen, um einen solchen Ort zu betreten, denn die Götter des Abgrunds lügen ohne Unterlaß, auch wenn sie nicht existieren. Was die inneren Stempel betrifft, so hat man sie oder man hat sie nicht, d. h. wenn in euch/dir/ihnen das Stempel-Ei eingelassen, eingewachsen, eingeprägt ist, dann fällt euch das, was ihr tun könnt - sterben, desexistieren, euch nullifizieren, fliegen, untertauchen -als natürliches Recht zu. Wenn ich peinlich genau sein wollte, dann müßte ich sagen, daß die Ordnung der Welt, das jus mundi, so konzipiert ist, daß innerlich gestempelte Tiere in ihr wohnen können, ganz gleich ob sie tot oder lebendig, existent oder inexistent sind. Es ist das heilige Stempelzeichen, das niemand einprägt oder auslöscht, welches euch zu geprägten Wesen macht. Seid ihr geprägte Wesen?«

»Ich/wir/sie beheberge/beherbergen innere Fledermaus mit Lederflügeln - die Metapuppe; ferner die Kröten, die Nattern, den Grundriß einer Stadt und die geschwätzige Freundlichkeit der Mäuse.«

»Habt ihr wirklich die ledergeflügelte Fledermaus? Wurde sie euch eingenäht?«

»Ja, ja!« schreie ich/wir/sie; »hör1 uns an, mächtige Weberin des Höhlentors!«

Und ich/wir/sie, die Maus, der Maulwurf, die Ratte, die Natter, die Echse, der Mond, die Prozession, die Amphisbaena schlagen uns an die hohle hallende Brust; in uns flattert und kreischt der lederflüglige Vogel, zappelt die singende Puppe und zerreißt uns das innere Documentum; wir heulen auf.  - (hoelle)

 

Ja Verwaltung

 

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