Sarah verlor keine Zeit. Erst mal, zum Warmwerden, war es der Gasmann, dann der Fensterputzer, dessen Arbeitszeit und -dauer außerordentlich schwankte, je nachdem, was sie Sylvester über den Zustand der Fenster erzählt hatte. Manchmal mußte Sylvester acht Stunden Arbeit und noch ein paar Überstunden bezahlen. Es kam vor, daß der Fensterreiniger schon da war, wenn Sylvester zur Arbeit ging, und noch immer da war, wenn er abends nach Hause kam. Aber das waren die kleinen Anfänge, inzwischen war die fortschrittliche Sarah schon bei ihrem Rechtsanwalt angelangt, was den Vorteil mit sich brachte, daß dessen Dienste für die Sylvester-Dillon-Familie - inzwischen waren es drei - kostenlos waren.
Sylvester war stolz auf seinen Sohn Edward, und er errötete vor Freude, wenn
seine Freunde Bemerkungen darüber machten, wie ähnlich Edward ihm sähe. Es waren
keine Lügen; diese Freunde sagten eben, was sich nach ihrer Ansicht schickte,
und was sie auch sonst zu einem Vater sagen würden. - Patricia Highsmith, Kleine Geschichten für
Weiberfeind
e. Eine weibliche
Typenlehre
in siebzehn
Beispiel
en. Mit siebzehn Zeichnungen von Roland Topor.
Zürich 1979 (detebe 20349)
-
Bohumil Hrabal, Ich habe den englischen König bedient. Frankfurt am Main 1990
Genehmigung (3) »Ich/wir haben nie gewußt, daß hier druntoben etwas existiert, das man als Genehmigung für irgendetwas bezeichnen könnte, und auch nicht, daß hier jemand existiert, der solche Genehmigungen erteilen kann. Und ist denn nicht..., ist nicht gerade dieser selbige nämliche Ort der Ort, die Ortschaft, die Ürtlichkeit, wo alles, absolut alles verboten ist, so daß alles mit dem Nichts koinzidiert?«
»Die Tatsache, daß hier keine Genehmigungen existieren, entbindet nicht von der Verpflichtung, sich welche zu verschaffen; daß ferner weder Ämter noch Amtspersonen existieren, die befugt sind, solche Urkunden auszustellen, entbindet nicht von der Verpflichtung, darum anzusuchen; man wende sich an die inexistente Behörde. Sie ist dienstfertig und hilfsbereit. Es stimmt, daß hier alles verboten ist, aber das befreit nicht von der Verpflichtung, sich eine Verbotserlaubnis zu verschaffen, und das, was in Ermangelung eines Verbots erlaubt ist, ist verboten, weil das Verbot in umgekehrter Richtung wirkt. Ihr müßt also eine Bescheinigung vorweisen, aus der hervorgeht, daß es euch verboten ist, nicht einzutreten. Macht euch ans Werk.«
»Was mögen das bloß für Bescheinigungen sein, oh weise Weberin der ›Neins‹ und der nichtvorhandenen ›Jas‹? Und wie macht man es, denjenigen zu finden, der inexistent über gültige Stempel verfügt, oder vielmehr über ungültige, die gültig verbieten?«
»Es gibt äußerliche und innerliche Bescheinigungen. Die äußerlichen sind auf die Haut, das Fell, den Panzer, den Schnurrbart der Nagetiere und den Schwanz der flammenden Kometen geschriebene Zeichen und werden von routinierten Händen ruinierter und falscher Götter angebracht. Der Staub einer Hand, die sich allmächtig gab, der Schimmer eines Fingernagels, ein glattgewetzter Knochen wischt über die Haut, das Fell, den Panzer, den Schatten, den Schwanz, und löscht das Verbot aus, um das gegenteilige Verbot einzutragen. Aber die toten Götter sind tot, d. h. sie haben nie existiert; und wenn es auch nicht unmöglich ist, so ist es doch sehr schwierig, in das Gebiet derer einzudringen, die nie existiert haben; und die falschen Götter sind nun einmal falsch, weshalb jede ihrer Urkunden umgekehrt gelesen werden muß. Ein genehmigter falscher Toter stellt somit ein Verbot dar, und ihr müßt euch ein Besuchsverbot geben lassen, um einen solchen Ort zu betreten, denn die Götter des Abgrunds lügen ohne Unterlaß, auch wenn sie nicht existieren. Was die inneren Stempel betrifft, so hat man sie oder man hat sie nicht, d. h. wenn in euch/dir/ihnen das Stempel-Ei eingelassen, eingewachsen, eingeprägt ist, dann fällt euch das, was ihr tun könnt - sterben, desexistieren, euch nullifizieren, fliegen, untertauchen -als natürliches Recht zu. Wenn ich peinlich genau sein wollte, dann müßte ich sagen, daß die Ordnung der Welt, das jus mundi, so konzipiert ist, daß innerlich gestempelte Tiere in ihr wohnen können, ganz gleich ob sie tot oder lebendig, existent oder inexistent sind. Es ist das heilige Stempelzeichen, das niemand einprägt oder auslöscht, welches euch zu geprägten Wesen macht. Seid ihr geprägte Wesen?«
»Ich/wir/sie beheberge/beherbergen innere Fledermaus mit Lederflügeln - die Metapuppe; ferner die Kröten, die Nattern, den Grundriß einer Stadt und die geschwätzige Freundlichkeit der Mäuse.«
»Habt ihr wirklich die ledergeflügelte Fledermaus? Wurde sie euch eingenäht?«
»Ja, ja!« schreie ich/wir/sie; »hör1 uns an, mächtige Weberin des Höhlentors!«
Und ich/wir/sie, die Maus, der Maulwurf, die Ratte, die Natter, die Echse,
der Mond, die Prozession, die Amphisbaena schlagen uns an die hohle hallende
Brust; in uns flattert und kreischt der lederflüglige Vogel, zappelt die singende
Puppe und zerreißt uns das innere Documentum; wir heulen auf. -
(hoelle)
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