elübde
Einmal kam ein Kapitän von einer Insel, wo er schwere Kämpfe mit
den Eingeborenen bestanden hatte. In großer Gefahr tat er das Gelübde, täglich
zu Ehren der zwölf Apostel zwölf Heiden niederzumetzeln. Er war jung und freundlich,
litt an den Drüsen wie viele Soldaten. Las Casas, der Unermüdliche, war wieder
zur Truppe gekommen, die über Darien vorrückte und bei der dieser Kapitän,
Juan del Puerto, diente. Als beim Unterricht der jungen Indianer eines Tages
mehrere weinten und nicht zuhörten, erfuhr Las Casas, der zur Kontrolle in den
Raum trat und den jungen Priester lehren fand, von den Kindern: ihre Eltern
seien gestern gestorben. Mehr erfuhr Las Casas von ihnen nicht. Bei der Truppe
aber stellte er fest, dies sei das tägliche Opfer Juan del Puertos. Der gehe
entweder mit Bluthunden in den Busch und hole sich sein Dutzend oder greife
zu den Sklavenarbeitern. Er habe deshalb schon Streit mit den Vögten gehabt.
Aber er sei tüchtig und stelle immer Ersatz. Las Casas bat den jungen Kapitän
zu sich ins Zelt. Juan sah elend aus, ging schwerfällig. Er setzte sich gleich,
klagte über seine Leisten und verfluchte das Land des Giftes und der Schlangen,
wo er sich die Ansteckung geholt hatte. Las Casas sah seine fiebrigen Augen
und die kräftigen zitternden Hände. Er untersagte dem Kapitän das Fluchen und
fragte, ob er regelmäßig zur Messe ginge. Juan bejahte. Dann sprach Las Casas
von dem Unterricht und was die Kinder gesagt hätten. Der Kapitän staunte. Was
ihn das anginge. «Es sollen Kinder von Eingeborenen sein, die Ihr umgebracht
habt.» «Heiden. Es ist möglich.» «Waren es wirklich
Heiden? Es sind Kinder, die wir unterrichten.» «Was ich töte, sind Heiden.»
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Alfred Döblin, Amazonas-Trilogie. Bd.1, Land ohne Tod. München 1991
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