Geher  Und der einzelne Geher jetzt, der überraschend den sonst so einheitlichen andern ähnlich sieht und überhaupt aus der Reihe fällt, weniger geht als torkelt, nicht etwa weil er betrunken ist, vielmehr aus wie endgültiger Verzweiflung, die Augen von dieser durchkreuzt von immer weiterritzenden und -ratzenden Rasierklingen, in den Händen beidseits zwei gezückte Messer, nein, noch nicht gezückt, noch nicht aufgeschnappt, und warum nicht? warum noch nicht? wann wird er sie zücken? was hält ihn denn noch ab?; und wie schafft er es überhaupt, einen Fuß vor den andern zu setzen, sich halbwegs aufrecht zu halten, die Zusammenstöße zu vermeiden?; unerhörte Begebenheit, daß er lebendigen Leibes von hier nach dort, von diesem Rinnstein zum nächsten gelangt, ohne daß Jammer und heulendes Elend, ihm als zäher Speichel von den Lippen und als Rotz von der Nase baumelnd und als (von den Mitpassanten mit dem Aufjaulen eines fernen Formel-Eins-Motors im Beschleunigen auf der Schlußschußstrecke verwechseltes) Gebrüll aus seinem Brustkasten hallend, ihn auf halber Strecke mittenentzweireißen. Ja, wann und wo wird die derartige Verzweiflung diesen Bürger von Nuevo Bazar endlich zerfetzen? mit einer Gewalt, so fürchterlich, daß sie seine vollzähligen Mitbürger und Nachbarn wird mitzerfetzen müssen?  - Peter Handke, Der Bildverlust. Frankfurt am Main 2002
 
 

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