egensätze, sich anziehende   »Das Kleid, das Genoveva Moraes an jenem Nachmittag trug, war so ›mönchisch und schlicht‹, daß es, wie ich schon sagte, nur die Reichen tragen konnten. Es war aus sündhaft teurem Stoff und bestand nur aus einer breiten Tunika, die an den Schenkeln von einer Art ›St.-Franziskus-Strick‹ zusammengehalten wurde. Sie war groß und dunkelhäutig, hatte schwarzes Haar und schwarze Augen, außerdem großartige Schenkel und Brüste. Mich ziehen dunkelhäutige Frauen nicht sonderlich an, Doktor Samuel verweist immer, wenn er sich für Adelswesen und weiße Rasse begeistert, auf meine dunkelbraune Hautfarbe und meint, ich hätte das ›Zeugungsblut eines braunen Pferdes‹ in mir, womit er auf die Beimischung von schwarzem, rotem, zigeunerischem, jüdischem und maurischem Blut anspielt, die ich in mir trage. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß mein braunes Blut ganz wild ist auf blonde weiße Frauen, vor allem aus Adelskreisen. Diese ›Geheimnisse des Blutes‹, wie Samuel das nennt, lassen mich auch ahnen, daß sich die blonden Mädchen von meinem wie mit der Axt gehauenen Gesicht und auch von meinem Pferdeblut angezogen fühlen«, sagte ich und blickte Margarida so ausdrucksvoll wie möglich an; sie machte ein abweisendes Gesicht und schaute auf die andere Seite.

Ich seufzte auf und fuhr dann fort:

»Nun gut, obwohl mein braunes Blut eine Schwäche für Blondinen hat, bekenne ich Ew. Ehren mit allem Freimut, daß ich Genoveva Moraes aufregend fand. Sie gehörte zu den Frauen, die, wenn sie ein Zimmer betreten, die Männer verwirren und die anderen Frauen in schlechte Laune versetzen. Vor allem weil sie die großartigen Brüste, von denen ich eben sprach, frei unter dem besagten mönchischen Leinenkleid trug. Die bösen Zungen am Ort behaupteten sogar, an Tagen, an denen sie gereizt sei, trage sie nur das Kleid über ihrem Evakostüm. Das hat aber noch nie jemand beweisen können. Es genügte jedoch, daß die erste Tatsache stimmte und die zweite als möglich erschien, damit sich die halbe Stadt entrüstete und die Phantasie der anderen Hälfte in Brand geriet.«  - (stein)