egenmittel   Im Teich schwammen Goldfische. Zwischen Seerosen und Schlingpflanzen war das rötliche Schimmern und Glitzern zu sehen. In diesem Teich wohnten auch Frösche, die sich auf einem künstlichen Inselchen versammelten und im Schilf quakten. Der Teich war ein ehemaliger Burggraben. Im Gemäuer und auf den Zinnen wuchsen Moos und Farn. Im Burghof waren die Verliese mit den feuchten Kerkerlöchern zu sehen. Hieb- und Stichwarfen waren ausgestellt, ein Richtschwert und der Hinrichtungspflock, längst aus der Mode gekommene Folterwerkzeuge wie Daumenschrauben und eine Eiserne Jungfrau. Der Burghügel war ein beliebtes Ausflugsziel. Nicht nur Verliebte und Wanderer stiegen hinauf, nicht nur Familien und Schulklassen, es kamen auch Katzen. Die hockten auf das Umfassungsmäuerchen, langten plötzlich ins Wasser und holten Fische heraus. Da sich der Bestand der Goldfische ständig verringerte, aber noch viel mehr aus grundsätzlichen Überlegungen, protestierte der Goldfischzüchterverband. Ihr Präsident hatte lange Zeit als Direktor einer Exportfirma im Fernen Osten gelebt. Bei der Protestversammlung erzählte er die Goldfisch-Legende aus der Chung-Zeit: nach einer hunderttägigen Dürre sei endlich Regen gefallen und in den Pfützen hätten Goldfische gelegen. Die Züchter und Liebhaber sammelten Geld für einen Wachhund; es kam soviel zusammen, daß die Burgverwaltung den größten Hund kaufen konnte, der zu erwerben war. Die Bulldogge fletschte die Zähne und jagte den Katzen nach bis ins Dorf. Nicht nur die Katzen verkrochen sich, sondern auch die Kinder. Eine junge Mutter erschrak so sehr, daß sie den Kinderwagen losließ, der mit einem Postauto zusammenstieß. Ernst wurde es, als die Bulldogge einen Kater riß und eine prämierte Angorakatze zu Tode biß, die nie gefischt, sondern erwiesenermaßen von Dosennahrung gelebt hatte. Da berief die Katzenliga eine Versammlung ein. Bevor sich die Katzenfreunde trafen, tauchte an Hauswände und Scheunentore gesprayt der Spruch auf: »Hund weg«. Dies mobilisierte die Kynologen-Vereinigung, die zu einer außerordentlichen Sitzung einlud, um über die hundefeindlichen Strömungen der Gegenwart zu beraten. Daher nahmen auch Vertreter des Hunde-Dachverbandes an der Versammlung der Katzenfreunde teil. Man fand sich in einem Kompromiß, dem auch der Burgverwalter zustimmte, da Besucher-Boykott angedroht und bereits Spazierwegsperren errichtet worden waren, zudem erklärte sich die Katzenliga bereit, einen Protest der Kynologen gegen die Erhöhung der Hundesteuer zu unterschreiben. Die Bulldogge kam an die Kette; diese durfte nur bis zur Zugbrücke reichen, hingegen brauchte der Hund keinen Maulkorb zu tragen. Nachdem der Hund an der Kette lag, schlichen wieder die Katzen heran und fischten. Das Angebot war umso verführerischer, als die Goldfischzüchter neue Bestände eingesetzt hatten, darunter seltene Exemplare von Silberfischen. Die fischenden Katzen waren erneut ein dringlicher Anlaß für eine Zusammenkunft zwischen dem Burgverwalter und den Goldfischzüchtern mit Bevollmächtigten der Katzenliga und der Hundefreunde. Die Aussprache wäre ergebnislos verlaufen, hätte nicht der Lehrer, der als Protokollführer amtete, sich zu Wort gemeldet. Er war eben von einer Studienreise aus den USA zurückgekehrt, wo er den Lebensbedingungen der Lurche in der spätindustriellen Gesellschaft nachgegangen war; bei seinen Expeditionen hatte er auch eine Reihe von Tümpeln im Mittleren Westen aufgesucht. Dort war er auf eine einzigartige Spezies von Fröschen gestoßen: diese würden zwar auch nach Art der Wasserfrösche Luft über Kehlkopf und Stimmbänder streichen lassen, aus den Lungen in die Mundhöhle und zurück, und sie würden die Luft vom Mundboden zu den Schallblasen leiten, diese seien aber enorme Resonanzböden, ihr dröhnender Schall werde jede Katze verscheuchen, ohne ihr Schaden zuzufügen. An der Gemeindeversammlung wurde aus dem ›Fonds für die Erhaltung des Ortsbildes‹ ein Sonderkredit bewilligt für einen Posten ›ranae mundi novi septentrionalis titanicae vociferentes‹.  - Hugo Loetscher, Goldfisch, Katze, Hund und Frösche und am Ende Störche, in (loe)

Gegenmittel (2) Die Krieger in Caragian tragen Brustharnische aus Büffelleder und kämpfen mit Schild und Lanze und Armbrüsten und vergifteten Pfeilen. Und alle dort, Frauen sowohl als Männer, und vor allem jene, welche Schlechtes im Sinn haben, tragen immer Gift bei sich. Sollte einer nämlich erwischt werden wegen irgendeiner Untat und deswegen gefoltert werden, so steckt er sich lieber das Gift in den Mund und verschluckt es, als daß er sich der Tortur aussetzt. Er bevorzugt den raschen Selbstmord. Aber da den Beamten diese Gewohnheit bekannt ist, haben sie stets Hundekot vorrätig, und sobald der Gefangene das Gift verschluckt hat, wird er gezwungen, den Hundekot hinunterzuwürgen, und danach erbricht er das Gift wieder. Die Behörde hat also ein Gegenmittel gefunden und hat es schon oft erprobt. - (polo)

Gegenmittel (3)   Bei jedem Namen eines unfähigen Bürokraten oder eines korrupten Politikers wandte sich ein dunkel gekleideter, magerer Typ mit norditalienischem Akzent an diejenigen, die ihm nach Kleidung und Aussehen keine Einheimischen zu sein schienen, und fragte: ›Aber warum lynchen sie ihn denn nicht?‹, wobei seine Stimme tiefes Erstaunen darüber ausdrückte, daß etwas in der Lombardei oder der Toskana Selbstverständliches auf Sizilien nicht praktiziert wird. Mir ging er etwas auf die Nerven. Ich fragte, wer das denn sei. Ein Priester war es. - Leonardo Sciascia, Schwarz auf schwarz.  München 1991 (dtv 11328, zuerst 1979)

Gegenmittel (4) In den Waffenläden wurden alle möglichen Mordinstrumente als „gut gegen die Garrotter“ ausgeboten. Speculative Waffenschmiede erfanden „Gurgelpanzer“, menschenfreundliche Apotheker priesen „Balsam zur Belebung der gehemmten Blutcirculation“ in ihren Schaufenstern an. Ein besonders entrüstetes Mitglied der respectablen Gesellschaft erklärte in einer Zuschrift an ein hiesiges Tagesblatt, daß er einen Strick in der Tasche mit sich herumführe, um jeden Garrotter, der ihm in die Hände falle, am nächsten Baume aufzuhängen, und jedem guten Bürger rathe, ein Gleiches zu thun. Ein angesehener Kaufmann in King William Street ließ sich Riesenplacate drucken und in seinen Fenstern ausstellen, um seinen Mitmenschen den Rath zu geben: „Wenn du am Halse gefaßt wirst, so stich mit dem Dolche nach hinten!“   -  Gartenlaube, nach Wikipedia

Gegenmittel (5)  In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird es unmöglich, eine satirische Zeitschrift aufzuschlagen, ohne daß man auf Darstellungen der Robe, der Kutte, des Talars oder des Hermelinmantels stößt, deren Absicht auf den Nachweis hinausläuft, daß die Träger dieser Trachten nicht dem menschlichen, sondern irgendeinem Reiche der Tiere oder der Marionetten zugehörig sind. Solchen Angriffen der Ironie ist nicht zu begegnen, wenn man sich der Mittel des Galgens oder des Feuers begeben hat. - Ernst Jünger, Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt. Stuttgart 1982 (Cotta's Bibliothek der Moderne 1, zuerst 1932)

Gegenmittel (6)   Man weiß, was auf die Leiden des geopferten Götterkindes Dionysos folgte: das Entstehen des Weines, den unsere Ahnen, ebenso wie das Brot, für ein Mittel gegen tierische Roheit und Wildheit hielten.   - (kere)

Gegenmittel (7)  

Gegenmittel (8)

FREIZÜGIG
(gut gegen Fettnieren}

Einen Zentner reifer Entengrütze in eine Eiertüte tun
in eine reine Enteneier-Tüte tun
fünf feinzertretene Ziegen-Eier
einige Unzen Nierentee
gute, giftgrüne Ziertinte zufügen
Tigerfett rin uff't Feuer ruff
fertig!
Ein feinet Futter für Ringer.

 - Otto Nebel, Unfeig. In: O.N., Das dichterische Werk Bd. 1. München 1979 (Hg. René Radrizzani. Frühe Texte der Moderne)

Machtmittel

 

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Verwandte Begriffe
GegengiftGegenzauberAntwort
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