Geflüster   Deine zweifelhaften und geheimnisvollen Zeichen, Liebe: Deine zweideutigen Gesten, das Gras, das Aufbrausen des Windes, ein Klirren von öder, glasklarer Luft, die sich nicht schamlos dem Regen ergibt, zu Wolken geballte Luft, Aufruhr des Windes. Obgleich niemand das Wort an mich richtet, dringen Stimmen zu mir - Nachrichten und Geflüster über Deine Ehebrüche und Hafenviertel-Genüsse, über Sperma, billig von zerstreuten Handelsvertretern gekauft, über Verwandlungen in Kinäden und über Keuschheitsgelübde, die eigens abgelegt wurden, um sie zu deflorieren. Jemand hat den Schatten gesehen, hat Dich erkannt im Entweichen des harten Lichtgolds aus dem Deinem Körper zugewiesenen Raum. Blätter und Vögel tuscheln über Deine Winzigkeit einer Kaulquappe, so daß Du im Tau schwimmen kannst. Törichte Königin - wozu alle diese Verstellungen? Ich spüre, daß Deine Sanftmut und Deine Seelenzartheit eitel und vergeblich sind, da Du auf nichts zugehen kannst, ohne es zu töten und zu zerfleischen.   - Giorgio Manganelli, Amore. Berlin 1982 (Wagenbach Quartheft 118, zuerst 1981)
 
 

Flüstern

 

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