MonoLogisches Gedicht No. 2 Zwischendurch gibt es dann habe ich wieder Lust ein wie sie noch immer nicht eins ohne alle meta- was als Ersatz neuerdings zynisch abzuknien vor dem oder gebrochenen Blicks im Schatten Dantes von Seiten- sagte mir neulich jemand reizten ihn nur wenn sie aufgeschrieben in diesen irgendetwas noch Ungewisses Zeile von neuem anfängt und dich verführt. |
- Durs Grünbein, Von der üblen Seite. Gedichte 1985 - 1991.
Frankfurt am Main 1995
Gedichte
schreiben
(2) Es ist beinahe pures Glück, wenn der Verstand von
einem Kunstwerk völlig umgekrempelt wird. Nichts ist schwieriger, als ein
Gedicht zu schreiben. Es hat etwas mit Taschenspielerei zu tun: Die
Dichter der Tang-Dynastie oder des Goldenen Zeitalters in Griechenland
oder selbst die Elisabethaner: es ist eine Art Alchemie
der Form, geschicktes Abfüllen einer gärenden Sprache. Nimm Dante und seinen
toskanischen Dialekt - Es ist eine Frage des Standorts. Die leere Form
tropft von einer Wolke herab, wie eine Gurde von einem Weinstock: da hinein
stopft der Dichter seine phallusähnlichen Themen.
-
(kore)
Gedichte schreiben (3) Heinz Piontek besucht Renate und mich. Wir sitzen in einer Wohnküche. Piontek ist sehr lebhaft und redet viel. Er sitzt meist auf dem Tisch und wippt mit den Beinen. Ich frage ihn, wie er das macht, soviel Lyrik, so viele Gedichte zu schreiben.
Piontek sagt, daß er oft alte, klassische Gedichte hernimmt und versucht, ihre Themen oder Motive modern umzuschreiben. Und er schreibe zuerst viel nacheinander nieder, ohne gleich herumzufeilen. Dann wähle er aus tausend Gedichten aus, was die Weiterarbeit lohnt, und werfe die Nausen weg. Ich frage ihn, was das für ein Wort sei, »Nausen«. Er sagt, er sei früher Schauspieler gewesen. Das sei Bühnenjargon und bedeute soviel wie Nieten.
Wir sprechen über einen schlecht formulierten Waschzetteltext unseres Verlages
zu meinem ersten Gedichtband. Er meint, da hätte ich mich selber energisch drum
kümmern sollen, daß nichts ohne mein Einverständnis geschieht. Er schreibe die
Klappentexte für seine Bücher selber. -
Wolfgang Bächler, Traumprotokolle. München 1972
Gedichte
schreiben
(4) Seit fünfzig Jahren dressiert sie ihre Gedanken, und noch
immer können sie nicht einmal durch einen Reifen springen. Sie reimt alles wüst
zusammen wie eine Müllhalde, sie ist eine einzige mit sich uneinige Wegwerfgesellschaft.
Sie verehrt die Kunst und sich in der Kunst. Sie möchte wegen Kunst von anderen
verehrt werden. Wie die Gedanken bei ihr ankommen, werden sie gleich wieder
portioniert, zurechtgestutzt und aufs neue hinausgejagt. Sie werden Gedicht,
und Gedichte sind das, was die Parkwächter und Musterkofferträger in ihren Feuilletons
am meisten schätzen und lieben, weil sie es am leichtesten nachmachen können.
Sie können sich nämlich von jedem einzelnen Gedicht einbilden, es selbst und
besser hergestellt zu haben, denn ein Gedicht ist so kurz und übersichtlich
wie eine Zeile in ihrem Gehirn. - Elfriede Jelinek, Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr.
Reinbek bei Hamburg 1998
|
||
|
||