Gedankengebilde    Sie werde ganz ohne Zweifel, teilte sie ihm mit, ein Kind bekommen. Sie trage es bereits seit zwei Monaten. Sie sei deswegen gestern bei Dr. Fell gewesen. Es werde irgendwann im September geboren werden.

Mr. Evans ließ seine Melone auf den Boden fallen und sank in seinem schwarzen Mantel erschöpft auf den großen violetten Sessel. Die Hälfte ihrer Jacke und der Rand ihres Hutes wurden unter ihm zerdrückt, als er sich niederließ, denn sie war eben erst heimgekommen, als ihre Mutter eintraf; doch er machte nicht die geringste Bewegung, sie hervorzuziehen. Und sie schon gar nicht! Während sie ihn mit feuchten Augen beobachtete, wartete sie still auf das, was sich, wie sie hoffte und betete, als eine natürliche Gefühlsregung auf ihre Mitteilung erweisen würde. Und von der Heftigkeit ihrer jeweiligen Gefühle angezogen, zu diesem embryonalen Enkel Geard von Glastonburys hingezogen, kam durch die heruntergelassenen Jalousien in dieses Zimmer eine Schar undeutlicher, halb materieller Erscheinungen, jene Art ätherisierter Gedankengebilde, die dazu neigen, über bestimmten entscheidenden Augenblicken in menschlichen Leben zu schweben. Wie unsichtbare Vögel versammelten sich diese Erscheinungen, glitten aus den wässrigen Nebeln dieses ungewöhnlichen Tages ins Zimmer, schnatterten und zwitscherten miteinander und kreisten um Cordelia.

Weder der Mann noch die Frau, er im violetten Sessel, dessen betroddelte Volants auf dem Boden schleiften, und sie an den schmalen Sims gelehnt, konnten in jenem Augenblick gemerkt haben, daß dieser Embryo mit ihnen im Raum anfing, sich als Wesenheit mit seiner eigenen Verbindung zu den Geheimnissen des Lebens zu behaupten. Was sie beide gerade da empfanden, als diese Gedankenelementarwcsen das neue Leben in Cordelias Schoß umflatterten, wie Schmeißfliegen von Aas angezogen werden oder wie Schwärmer von den Herzen von Nelken, war etwas von diesen ätherischen Besuchern ganz Verschiedenes. Sie waren sich nur des dumpfen, stumpfen, kalten und schweren, in die Tiefe ziehenden Sogs der umfangreichen untermeerischen Kräfte bewußt, die vormenschlich sind; chemische Kräfte, die jener formlosen Welt des Halberschaffenen und Halborganischen angehören, aus der Körper tieferer Regionen als unserer zusammengesetzt sind und die ein geheimnisvolles Gewicht hat, das hinabzieht, einen Zug, einen Ruck, eine zentripetale Gravitation, gegen die die Seele in uns kämpft, auf deren Oberfläche sie schwimmt und über die, wenn der Vorgang der Zersetzung beginnt, sie ihre verächtlichen Schwingen ausbreitet.

Diese nach unten ziehende Empfindung in ihren Nerven neutralisierte und kompensierte die halbverkörperten Luftwesen, die Elementarformen alter magischer Geister in jener empfindlichen Luft von Glastonbury, die wie eine Wolke aufgestörter Flußstechmücken durch die heruntergelassenen, bräunlich gefärbten Nachmittagsjalousien herein und wieder hinaus in jene Unterwassernebel, wieder hinaus in die Feuchtwiesen schwebten.

Es ist noch kein Philosoph aufgetaucht, der die schöpferische Kraft des menschlichen Geistes so erkannt hätte, wie es sich gehört. Hinter diesen bräunlichen, herabgezogenen Jalousien am Weg zum Tonziegelwerk St. Edmund's, wo alle diese städtischen Häuschen ihre roten Zicgclhäubchen so stramm trugen, ging von Cordelias innerem Wesen, als sie mit starren, feuchten und benommenen Augen auf ihren Gatten schaute, die linkischen Ellbogen auf jenen unsinnigen Kaminsims gestützt, eine so starke Gcfühlsintensität aus, daß diese die Macht besaß, ohne ihr Wissen die umherschweifenden Halbleben aus der Luft anzuziehen. Jeder hellsichtige Sinn hätte sie dort um ihren Körper schweben sehen können, wie sie ihre schwachen Zirpsignale an ihre noch nicht menschliche Leibesfrucht sandten, deren embryonales Bewußtsein auf einer Ebene mit ihrem eigenen halbcrschaffenen Herumtasten gewesen sein muß.   - (cowp)

Gedanke Geister


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