auch  Der im Duden heute noch geführte Begriff Gauch, Plural Gäuche, findet wohl nur noch im Dialekt Verwendung. Im 16. Jahrhundert scheint er aber - alternativ zu Buhler - zur täglichen Umgangssprache gehört zu haben. Mit dem vom guck = gouch (guckguck = Kuckuck) abgeleiteten Wort  waren die verliebten Männer, die Liebesnarren, gemeint. Das Buhlen der Gäuche  wurde offenbar als die verbreitetste Form der Narrheit angesehen, so daß die beiden Begriffe Gauch und Narr schon bald deckungsgleich benutzt werden konnten. Dies belegen die außerordentlich zahlreichen Bilddokumente, die hier zur Erklärung dafür herangezogen werden, daß bei einem Großteil der aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bekannten Narrendarstellungen nicht Narren, sondern Gäuche gemeint sind. Bei ihnen handelt es sich um Liebessünder, die nur zwecks Verdeutlichung ihrer Narretei ein Narrengewand tragen. In spätmittelalterlichen Darstellungen, z. B. in den Liebesgärten des Meisters E. S., war dies noch nicht der Fall. In ihnen erscheint der Narr in seiner Funktion als Lustigmacher und Musikant, wobei ihm neben der Teilnahme an den Tafelfreuden auch das Liebesglück lacht. Ob er neben seiner direkten Teilnahme am Geschehen auch die Bedeutung des Warners hat, wie in Darstellungen des Verlorenen Sohns beim Festgelage, ist unklar.

Als Narren gekleidete Gäuche treten im Narrenschiff auf. Sebastian Brant konzipierte für sein dreizehntes Exempel, Von Buolschafft, eine noch der Mythologie verpflichtete Darstellung der Frau Venus mit dem blinden Knaben Cupido. Sie hat drei Gäuche und einen Affen am Narrenseil  und lauscht dem Ruf des Kuckucks. Gerade in diesem Bild wird aber deutlich, daß der Autor, ausgehend vom Achtnarren-Bilderbogen und dem Kupferstich des Meisters der Weibermacht eine Verbindung zwischen Mythologie und volkstümlichem Brauch suchte. Er gab der antiken Göttin den wenig schmeichelhaften Namen Frow Venus mit dem stroewen ars [Stroh-Arsch]. überdies wird sie vom Tod begleitet. Brant erlaubte sich damit einen Hinweis auf Vanitas und ewige Verdammnis, die die Liebessünder am Tag des Jüngsten Gerichts treffen wird.

Den Gäuchen stehen in Brants Narrenschiff viele Närrinnen gegenüber. Die meisten von ihnen sind, von der Hure bis zu den fünf törichten Jungfrauen, ebenso dem Bereich der Erotik zugeordnet. Für Närrin hat Thomas Murner in seiner 1519 Basel veröffentlichten geuchmat [Gäuchwiese, Liebeswiese] den Begriff geuchin verwendet. Murner nent Eigenschaften von gouch und geuchin, wobei der Frau gemäß den Vorurteilen der Zeit die Rolle der Betrügerin zugeteilt wird. Etwa zu gleicher Zeit hat Pamphilus Gengenbach  sein Basler Fastnachtsspiel gouchmat publiziert. Darin erfährt man am Schluß, daß die Matte in Wirklichkeit von den Töchtern jung und alt aus dem Bordell der Frau Venus in der Baseler Malentzgasse (heute Malzgasse) bespielt worden ist.

Der Gauch unterliegt. Er wird durch die geuchin in den Ruin gebracht. Sein Zustand der Selbstaufgabe wurde an der hier für passend genommenen Schwachheit des Weibes gemessen und wybisch genannt. Bei den Frauen wurde unterstellt, daß sie den Triumph über ihre wybischen mannen auskosteten. Hans Sachs beschreibt dies in Ein Gesprech eyner Bulerin und eines ligenden Narren unter iren Füssen. Mit diesem Narren ist wiederum ein Gauch gemeint. Er liegt besiegt und verzweifelt der Frau zu Füßen. Zu dem Text gibt es mehrere graphische Darstellungen ...

Gauch
Sebald Beham (?):
Gauch mit Rose und Hörnchen, zu Füßen einer
Buhlerin mit Kuckuck, Schelle und Zutsch (Nuckel)

 

Der Gauch wurde beliebter Gegenstand Flugschriften und Einblattdrucken. Besonders im Umkreis des Erhard Schön hat man die verschiedensten Assoziationen aus der Vorstellungswelt sprichwörtlicher Redensarten gebildet. So legte beispielsweise das Wort gauch schon in seiner Ableitung von Kuckuck die Vorstellung vom Vogel, vom fliehenden Gauch, nahe. Die Gäuche haben jetzt Flügel, sie kommen herbeigeflogen und geraten in die Falle der Frauen, die sich, hinter einem tarnenden Gebüsch versteckt, als Vogestellerinnen betätigen ... In einem Holzschnitt von Erhard Schön sind die Gäuche schließlich in einen Käfig gesperrt, in dem sie vor Liebe brennen. Die ihnen ein Notenblatt vorhaltende Frau lehrt sie das Singen. Doch brauchen sie, wie Thomas Murner in seiner geuchmat weiß, keine langen texte einzustudieren, sondern sie müssen immer nur dasselbe singen: Guck Guck Guck Guck singen wir/Es focht glich an und endt sich glich. In dem Holzschnitt  Den gouch lernen singen singt gehorsam der Mann einer vom bequemen Thron aus dirigierenden Frau vor, während in einem daneben abgestellten Käfig ein Kuckuck gefangen ist und offenbar als Lockvogel fungiert.

Die Einbeziehung von sprichwörtlichen Redensarten auch in die Darstellungen von Gäuchen findet sich sehr konkret bereits in Brants  Narrenschiff. Eine später vielfach in der Emblematik verwendete Redensart durch die Finger sehen ist im 33. Bild zum Hauptmotiv erhoben. Ein betrogener Ehemann sitzt am Tisch, seine Ehefrau zieht ihm ein Hälmlein durch den Mund, was bedeuten soll: sie tut ihm schön und gleichzeitig betrügt sie ihn. Er selbst blickt mit beiden Augen durch die Finger und gibt dadurch zu erkennen, daß er den Ehebruch seiner Frau duldet. Das Gesetzmäßige des Geschehens wird durch die Mäusejagd einer Katze exemplifiziert, denn wie die Katze das Mausen nicht läßt, so wird die Ehefrau nicht vom Ehebruch ablassen. - Lutz S. Malke. Aus: Narren. Katalog zur Ausstellung Berlin 2001

Mann Narren
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Kuckuck