Galerie (der Schrecken)  »Ein quälender Schmerz in meinem Rücken brachte mich wieder zum Bewußtsein. Halb lag ich, halb hing ich auf etwas Hartem, doch konnte ich nicht sehen, weil mir mein Haar ins Gesicht hing. Ich versuchte, den Mund aufzumachen, er war mir durch einen Knebel verschlossen. Meine Arme und Beine hielten Klammern, die bei der geringsten Bewegung tief ins Fleisch schnitten. Mein Rücken tat weh, und die Haut war überall straff gespannt. Ich merkte, daß sie von einer harten Kruste bedeckt war.

Mir war furchtbar zumute, doch alle Schmerzen waren vergessen, als ich durch meine Haare ein grausiges blaues Gesicht erblickte, das mich angrinste. Ich dachte, ich wäre gestorben und befände mich in der Unterwelt; ich verlor die Besinnung vor lauter Schrecken. Wieder war es der Schmerz in Armen und Beinen, der mir das Bewußtsein wiedergab. Ich atmete so kräftig wie möglich durch die Nase und konnte meine Haare ein wenig zur Seite blasen. Da erkannte ich, daß der Teufel, der mir die Speerspitze auf die Brust setzte, in Wahrheit eine Statue aus Holz war. Nun begriff ich, daß man mich als Ersatz für eine Statue in die Galerie der Schrecken geschafft und meinen Körper mit Kalk bestrichen hatte. Mein Trost, noch am Leben zu sein, wurde bald von neuem Schrecken abgelöst. Jemand mit einer Kerze mußte hinter mir stehen. Welche neue Folter mochten sie sich ausgedacht haben, für mich, die ich dort gänzlich wehrlos lag? Dann ging das Licht aus. Alles war pechschwarz. Ich hörte leise Fußtritte, die sich entfernten. Ich machte einen verzweifelten Versuch, den Mund zu öffnen; alles war besser, als dort in der Finsternis allein liegenzubleiben. Nicht lange danach wurde die Stille unterbrochen  durch das  Geräusch umherjagender Ratten...«   - Robert van Gulik, Nächtlicher Spuk im Mönchskloster. Zürich 1990

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