ußball

Fußball

Der erste Sung-Kaiser T‘ai-tsu (Chao K‘uang-yin) beim Fußballspiel mit Angehörigen seines Hofstaates. Bei diesem Spiel kam es weniger auf Tore als auf eine elegante Ballführung und auf zielgenaue Pässe an. Wenn sich Damen beteiligten, wurde die Zahl der Spieler auf acht beschränkt, und das Spiel nannte sich dann »Die Reise der acht Unsterblichen über die Meere«. Ausschnitt aus einem Gemälde der Sung-Zeit. - (erf)

Fußball (2)  Im April 1918 trug Grosz in den Räumen der Berliner Secession »Syncopations« eigene Verse vor. Der »Börsen-Courier« berichtete: »Dann spielte George Groß, Niggersongs singend, mit amerikanischer Boxermiene, Fußball mit den Schädeln der Zuhörer. Diese Kunst heißt Bruitismus.«  - Peter-Klaus Schuster (Hg.), George Grosz - Berlin New York. Ausstellungskatalog Berlin 1994

Fußball (3)  Mitten in der Nacht, fünf Tage auf See, da kommt ein Geruch nach grünem Eis durchs offene Bullauge, klatscht einem wie eine Faust gegen's Gesicht, und wir wußten, da stimmt was nicht, und Ianto, aus Newport war er, der sagt zu mir: Das ist der Geruch des Gottesgerichts, das über uns kommt, min Jung. Wir ziehen uns an, rauf auf Deck, und was sehen wir als erstes, diese irischen Landeier mit ihren flachen Mützen, aber ohne Mantel, haben sie gar keinen, die spielen Fußball mit dicken Brocken von dem grünen Eis, das vom großen Berg abgebrochen war. Und das war etwas, was keiner glauben konnte, glaub's mir nur, und der kleine Ianto rief immer Zum Großen Weißen Jesus, es war wie in einem Märchen, dieser gottverdammt große Turm von einem grünen Eisberg, blinkte und glitzerte in dem bißchen Mondlicht, was schien, länger als ne ganze Straße, verdammt schön, herrlich, der Eisblock sang sozusagen ein Riesenhalleluja auf den Herrn, den Zerstörer aller eitlen Werke der gottverdammten Menschheit, und er schleicht sich irgendwie leise an, ohne groß zu fragen, und schneidet zweihundert verdammte Fuß aus der Seite von der armen "Titanic" unter der Wasserlinie raus. Alle lachen zuerst, es war so geschickt und sauber gemacht. Und die, wo in der ersten Klasse um viel Geld Poker gespielt haben, lachten auch, hahaha, da kommen wir wohl paar Stunden zu spät in New York an, was? was? nach Adam Riese hahaha, wir waren noch sechsunddreißig Stunden laut sogenannter geschätzter Fahrzeit vom Hafen entfernt. - Anthony Burgess, Belsazars Gastmahl. Suttgart 1996 (zuerst 1989)

Fußball (4)  Das Fußballspiel  beschäftigt mich seit langem, bis ich jetzt am Beweise bin, dass es zu den Spaniern kam von den Maya, ein uralter Sonnenkult. Die heutigen Regeln, so das Verbot der Handberührung, schon dort gültig. Bei den Maya gab es übrigens eine Göttin des Selbstmords - er galt als Gnade und Ehre.  - Hans Jürgen von der Wense, Von Aas bis Zylinder, Bd. I. Frankfurt am Main 2005

Fußball (5)  Neuere Messungen mit dem WMAP-Satelliten haben ergeben, dass das Universum eine euklidische Geometrie besitzt, also höchst wahrscheinlich flach ist. Das trifft zumindest auf den Bereich des Weltalls zu, der maximal 24 Gigaparsec von uns entfernt ist. Doch was dahinter passiert - niemand weiß es. Manche Forscher haben die Form eines Fußballs ins Gespräch gebracht - wir würden dann auf einer der Flächen des Fußballs leben, die annähernd flach sind. Einige seiner Eigenschaften würden auch gut zu einer Trichter- oder Donut-Form passen.  - Matthias Matting, Telepolis vom 3.Januar 2014 

Fußball (6)  Nehmen wir an, der Gamuna-Fußballclub spielte gegen den Sportverein Traumuna. Sie sind in einem hellerleuchteten Stadion mit vollbesetzten Tribünen und Rängen; der Tyrann Boro ist in höchster Höhe über allen, auf einem Bett liegend, von dem sein Fleisch und seine Fettmassen hinunterhängen bis zum Rand des Spielfeldes (das Fett ist das Zeichen seiner Macht). Das Match ist ihm gewidmet, wie immer; es dient dazu, zu berechnen, wie lange sein Reich des Schlafes noch dauern wird, bevor alles zusammenbricht. Das berechnet man nach der Anzahl von Toren, die von der einen und der anderen Mannschaft geschossen werden, die beide ohne Rast so lange spielen müssen, bis alle Spieler erschöpft oder tot am Boden liegen. Dann muß die Siegermannschaft gegen die dritte Mannschaft von Gamuna Valley, den Sportverein Tsiuna, antreten. Das Derby ist erst zu Ende, wenn die drei Mannschaften dieselbe Anzahl von Toren geschossen und kassiert haben, aus dieser Zahl wird das Ende des Reiches von Boro berechnet - oder die Ankündigung des Festmahls, bei dem sich der Tyrann zusammen mit 1000 treuen Untertanen durch Fressen das Leben nehmen wird. Wer das Match in Garnuna Valley sieht, hat keine Ahnung von diesem Hintergrund, und er sieht nur 22 Schlafwandler, die hinter einem Ball ohne Luft herrennen, übereinanderstolpern und für unbestimmte Zeit weiterlaufen. Aber, so sagte Wanghi Wanghi, man muß die Wirklichkeit hinter der Halluzination sehen, die einem ein Fußballspiel zeigt, als wäre es nur ein Fußballspiel.   - (fata)


Fußball (7)   

Fußball (nebst Abart und Ausartung)

Der Fußballwahn ist eine Krank-
Heit, aber selten, Gott sei Dank.
Ich kenne wen, der litt akut
An Fußballwahn und Fußballwut.
Sowie er einen Gegenstand
In Kugelform und ähnlich fand,
So trat er zu und stieß mit Kraft
Ihn in die bunte Nachbarschaft.
Ob es ein Schwalbennest, ein Tiegel,
Ein Käse, Globus oder Igel,
Ein Krug, ein Schmuckwerk am Altar,
Ein Kegelball, ein Kissen war,
Und wem der Gegenstand gehörte,
Das war etwas, was ihn nicht störte.
Bald trieb er eine Schweineblase,
Bald steife Hüte durch die Straße.
Dann wieder mit geübtem Schwung
Stieß er den Fuß in Pferdedung.
Mit Schwamm und Seife trieb er Sport.
Die Lampenkuppel brach sofort.
Das Nachtgeschirr flog zielbewußt
Der Tante Berta an die Brust.
Kein Abwehrmittel wollte nützen,
Nicht Stacheldraht in Stiefelspitzen,
Noch Puffer außen angebracht.
Er siegte immer, o zu 8.
Und übte weiter frisch, fromm, frei
Mit Totenkopf und Straußenei.
Erschreckt durch seine wilden Stöße,
Gab man ihm nie Kartoffelklöße.
Selbst vor dem Podex und den Brüsten
Der Frau ergriff ihn ein Gelüsten,
Was er jedoch als Mann von Stand
Aus Höflichkeit meist überwand.
Dagegen gab ein Schwartenmagen
Dem Fleischer Anlaß zum Verklagen.
Was beim Gemüsemarkt geschah,
Kommt einer Schlacht bei Leipzig nah.
Da schwirrten Äpfel, Apfelsinen
Durch Publikum wie wilde Bienen.
Da sah man Blutorangen, Zwetschen
An blassen Wangen sich zerquetschen.
Das Eigelb überzog die Leiber,
Ein Fischkorb platzte zwischen Weiber.
Kartoffeln spritzten und Citronen.
Man duckte sich vor den Melonen.
Dem Krautkopf folgten Kürbisschüsse.
Dann donnerten die Kokosnüsse
Genug! Als alles dies getan,
Griff unser Held zum Größenwahn
Schon schäkernd mit der U-Bootsmine –
Besann er sich auf die Lawine.
Doch als pompöser Fußballstößer
Fand er die Erde noch viel größer.
Er rang mit mancherlei Problemen.
Zunächst: Wie soll man Anlauf nehmen?
Dann schiffte er von dem Balkon
Sich ein in einem Luftballon.
Und blieb von da an in der Luft,
Verschollen. Hat sich selbst verpufft.
Ich warne euch, ihr Brüder Jahns,
Vor dem Gebrauch des Fußballwahns!

 - Joachim Ringelnatz, Turngedichte


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