ütterung   Bei einem Schwalbennest, das geht im Minutenrhythmus. Um fünf bin ich aufgestanden, und bis es abends dunkel wurde, habe ich die Schwalben gefüttert, alle zehn, fünfzehn Minuten. Ihre Bettelrufe wurden immer stärker, gnadenlos wird man herbeizitiert. - Anita Albus, Berliner Zeitung vom 11./12. März 2006

 Fütterung (2)  Wenn man den Deckel des Kastens aufmacht, liegen die kleinen Eulen wie Menschen auf dem Rücken, strecken die Füße hoch, machen die Augen zu und tun so, als wären sie tot. Dann kann man sie gut packen und ihnen dieWachtelstücke in ihren Schlund schieben, der unglaublich groß ist. Da kann man quasi mit der ganzen Hand rein. Darüber sind sie irgendwie empört, nicht über das, was sie zu essen bekommen, sondern über diese Art von Behandlung. - Anita Albus, Berliner Zeitung vom 11./12. März 2006

Fütterung (3)  Es träumte jemand, er füttere sein Geschlechtsglied wie ein Tier mit Brot und Käse. Er nahm ein schlimmes Ende; denn anstatt die Nahrung dem Mund zuzuführen, verabreichte er sie dem Glied, als ob er damit andeuten wollte, er habe weder Gesicht noch Mund.  - (art)

Fütterung (4)

"Labung des Raben"

 - Paul Flora

Fütterung (5)  Mit klopfendem Herzen stieß er die Tür zu Burtons Restaurant auf. Gestank packte seinen fliegenden Atem: scharfer Fleischsaft, Gemüsebrühe. Sieh dir das an: Fütterung der Raubtiere. Männer, Männer, Männer.

Hoch hockend auf hohen Hockern an der Bar, die Hüte zurückgeschoben, an den Tischen nach Brot rufend, mehr Brot, das es gratis gab, saufend voll Gier, schlagweise den Drecksfraß verschlingend, mit quellenden Augen, benäßte Schnurrbärte wischend. Ein bleicher talggesichtiger junger Mann polierte sich Glas, Messer, Gabel und Löffel mit seiner Serviette. Ein neuer Schwall von Mikroben. Ein Mann mit einem soßebekleckerten Kinderlätzchen um den Hals schaufelte sich gurgelnde Suppe in den Schlund. Ein anderer Mann spuckte wieder aus auf seinen Teller: halbzerkleinerte Knorpel: keine Zähne mehr, sie zu kau-kaukauen. Hammelkotelett vom Grill. Schlingts runter, bloß damits weg ist. Traurige Säuferaugen. Hat sich mehr abgebissen, als er kauen kann. Bin ich genau so? Uns selber sehn, wie uns andere sehn. Ein hungriger Magen macht Zorn und Verzagen. Zahn und Kiefer an der Arbeit. Schaffens nicht! Ah! Ein Knochen! Der letzte heidnische König von Irland, Cormac, in dem Schulgedicht, der ist doch an sowas erstickt, zu Sletty auf der Schanz. Möchte wohl wissen, was der gegessen hat damals. Irgendeine Schlemmerei. St. Patrick bekehrte ihn zum Christentum. Hats trotzdem nicht alles schlucken können.

- Roastbeef mit Kappes!

- Einmal Stew!

Männergerüche. Es würgte ihm die Gurgel. Bespucktes Sägemehl, süßlicher flaulauer Zigarettenrauch, Tabakmief, verschüttetes Bier, bierige Männerpisse, der schale Gestank von Gärung.

Keinen Bissen brächt ich hier runter. Der Kerl da wetzt Messer und Gabel, um alles vor sich zu vertilgen, der alte Knabe dort prokelt sich in den Zahnstummeln rum. Leichtes Hochwürgen, voll, Wiederkäuen. Vorher und nachher. Nach den Mahlzeiten Händchen falten. Das seh sich doch einer mal an da, wie gemalt, und da. Futtert den Stewsaft weg mit Stippbrocken Brot. Lecks doch vom Teller, Mensch! Bloß hier raus. Er blickte in die Runde der Esser auf den Hockern und an den Tischen und zog die Nasenflügel zusammen.

- Zwo Stouts hier!

- Einmal Corned mit Kappes!

Der Kerl da rammt sich ein Messervoll Kohl in den Rachen, als hinge sein Leben ab davon. Mensch, hat der einen Schlag. Ich krieg schon das Gruseln, wenn ich das bloß sehe. War jedenfalls sicherer, wenn er mit den Fingern äße. Reiß es doch wenigstens auseinander vorher. Aber nein. Ist ihm schon zur zweiten Natur geworden so. Geboren mit einem Silbermesser im Mund. Ganz witzig, finde ich. Oder nein. Silber heißt reich geboren. Geboren mit einem Messer. Aber dann ist die Anspielung futsch. Ein schlechtbeschürzter Servierer sammelte klebrige klappernde Teller ein. Rock, der Büttel, der an der Bar stand, blies die schaumige Krone von seinem Deckelkrug. Ganz schön bei Puste: es spritzte gelb neben seinen Stiefeln nieder. Ein Esser, Messer und Gabel senkrecht in den Fäusten, die Ellbogen auf dem Tisch, bereit, zum zweitenmal nachzufassen, starrte nach dem Speiseaufzug hinüber, weg über sein schmieriges Viereck Zeitung. Ein anderer Bursche sagte irgendwas zu ihm mit vollem Mund. Seelenverwandter Zuhörer. Tischgespräch. Ich happ 'en am Mampftach an der Ulpfter Bampfk getrompfen. Ha? Hast du, tatsächlich?   - (joy)

Fütterung (6)   Der Kuskus wurde auf eine Holzschüssel geleert, die mit einer dicken Schicht stark riechenden Fettes bedeckt war. Dann goß Zeno eine farbige Brühe über das Ganze, in der Hühnerknochen und gekochte Pfefferfrüchte schwammen. Der Alte mischte das Ganze mit pflügenden Händen, schlenkerte sie in der Luft, um sie abzukühlen. Ungewohnt und fremd, wie die Haut des Mädchens, schmeckte auch die Speise. Mit langen vorsichtigen Fingern knetete der Alte kleine Kugeln und schob sie dem Gast in den Mund. Lös aß, denn er hatte Hunger. Und je vertrauter ihm der Geschmack dieser Speise wurde, desto stärker wuchs in ihm die Sehnsucht nach dem Körper des Mädchens, das neben ihm saß und sich an ihn lehnte. Auch sie formte Kugeln mit den kleinen Fingern und steckte sie dem Freund in den Mund.   - (gou)

Fütterung (7) Zwei Mädchen, die mit ihrem Vater am Ufer eines Flusses wohnten, sahen eines Tages im Wasser eine sehr hübsche, winzige Schlange und versuchten, sie zu fangen. Sie entschlüpfte ihnen aber immer wieder, bis ihr Vater ihnen auf ihr Bitten ein ganz feinmaschiges Sieb flocht. Darin fingen sie das Tierchen und brachten es nach Haus. Sie taten es in einen kleinen Topf mit Wasser und setzten ihm allerhand Nahrung vor, aber es verschmähte alles. Erst als der Vater durch einen Traum auf den Gedanken kam, die Schlange mit einer besonderen Art von Stärke zu füttern, begann sie richtig zu fressen. Sie wurde nun dick wie ein Faden und dann wie eine Fingerspitze, und die Mädchen setzten sie in einen größeren Topf. Das Tier fraß weiter Stärke und wurde dick wie ein Arm. Nun setzten sie es in einen kleinen See: Es fraß immer gieriger Stärke, und bei der Fütterung war es so hungrig, daß es mit der Nahrung gleich die Hand und den Arm des fütternden Mädchens in den Rachen faßte. Bald war es groß wie ein Baum, der ins Wasser gefallen ist. Es begann, aufs Ufer zu gehen und Hirsche und andere Tiere zu fressen, aber auf Lockrufe kam es noch immer herbei, um die ungeheuren Mengen von Stärke zu verschlingen, die die Schwestern ihm bereiteten. Es machte sich eine Höhle unter den Dörfern und Stämmen und begann, die Vorfahren der Menschen zu fressen, die ersten Leute auf der Welt. »Liebling, komm fressen«, riefen die Mädchen, da kam die Schlange hervor, faßte den Behälter mit der Stärke, den eine der Schwestern im Arme hielt, bis zu ihrem Kopf, verschlang das Mädchen und schleppte es fort. - (cane)

Fütterung (8)  »Wo giepts zu essen?«

Die Dorfleut beklagten sich bitter, sie stampften mit den Füszen auf und streifften um die Ständt herum, um zu sehen, ob irgendtwo etwas zu findten war, das mann sich zwischen die Zahn könnt schiepen. Unterdeß aber waren sie alle heraufgekommen zur Purg, weyl die Sache gar neu war, auch wann sie für den Augenblick noch nichts zu essen bekamen.

» Was für ein Mist von Scheiszjahrmarkt!« Die Formigotten machten viel Lerm, um die Aufmerksamkeyth auf sich zu ziehen, und dies gelang ihnen auch, auch dem mit der rauhen Stimm.

In einer andren Ecke des Purghoffs war ein Standt, wo einer der Formigotten behauptete, Eszbares feylzubiethen. »Ich biethe zum Kauf an Polenta, Salami, Brothlaiper, Metwörste, Kosteletten, Flachbrothe aus weiszem Mehle, Schinken, Kürbisse, Pizzen, Spanferkel, frittierte Kartoffeln, Schnecken, Rebhühner, Kutteln, Katze süszsauer, Eyerkuchen, gesottene Eyer, gefüllte Fasane, Rothrüben, Gelbrüben, gesottene Kastanien, Kohlhäupter, Ossobuki, Schafskäs, Artischokken, Aal in Marinadte, Rikotta, emilianischer Schinken gantz ohne Knochen, Äpfel, Melonen, Oberginen, Feygen, piemontesische Käsrädter undsowey-ther undsowädter!«

Die Dorfleut drängten sich um den Ständt des Formigotten, der all diese Köstlichtkeythen an Eszbarem feylboth. Eine Frau gieng die Dorfstrasz hinauf und hinunter, auch die letzten zu rufen, die noch in ihren Häusern zurücke gebliepen waren.

»Lauffet eylicht zur Purg hinauf, allwo mann isset!« Das Dorfvolk strömte herbey und sammlete sich um den Ständt, alldieweyl der Formigott weytherrieff und sagte, er verkaufe dies alles. Er zählete es im eintzelnen auf alswie eine heylige Litaney, und nach und nach stopfeten sich die, die zunächst stundten, die Mündter, indem sie dieselben Wörther wiederholten und durchkauten, und balde schon schien es ihnen, dasz sich, alldieweyl sie Polenta, Salami, Wecken, Metwörst, Kastanienkuchen, Spanferkel und alles andre für sich hinsprachen, ihr Bauch sich allgemach füllte, ja, es war ihnen gar, dasz sie die vielzählichten Gerüche der Ding unter ihrer Nas vorbeyziehen fühlten, die der Formigott anpries. Dieweyl zu Beginn viele von ihnen allwegen des Hungers noch gähnten, so gab es balde schon einige, denen gewalthige Rülpser entfuhren, als hätten sie die Völlerey mit all dem fettigen, schweren Genusz, der ihren Magen versperrte, hinter sich bringen müssen.  - Luigi Malerba, Pataffio. Berlin 1988

Fütterung (9)    Plötzlich indes gab sich Deniska eine äußerst ernsthafte Miene, wie er sie nicht einmal dann schnitt, wenn Kusmitschow ihn zusammcnschimpfte oder mit dem Stock nach ihm ausholte. Er horchte und ließ sich leise auf ein Knie sinken, wobei ein Ausdruck von Strenge und Angst auf sein Gesicht trat, wie man ihn bei Leuten gewahren mag, denen eine Ketzerei zu Ohren kommt.

Seine Augen zielten nach einem Punkt, langsam hob er die Handfläche, aus der er eine Art von Boot formte, in die Höhe und stürzte plötzlich mit dem Bauch auf die Erde, wobei er mit dem kleinen Boot auf das Gras schlug.

»Haben wir!« rief seine heisere Stimme voller Triumph, und er hielt, nachdem er aufgestanden, Jegoruschka einen großen Heuschreck hin.

Da Jegoruschka und Deniska annahmen, daß dies dem Heuschreck wohlgefällig sein müsse, streichelten sie ihn mit den Fingern über den breiten grünen Rücken und tasteten auch seine Fühler an. Hierauf fing Deniska eine fette Fliege, die sich mit Blut vollgesogen hatte, und bot diese dem Heuschreck an. Mit größtem Gleichmut, fast als wenn er schon längst mit Deniska Bekanntschaft geschlossen hätte, bewegte der Heuschreck seine großen, einem Visier ähnlichen Kiefer und biß der Fliege den Bauch ab. Man ließ ihn frei; da funkelte er mit seinen rosigen unteren Flügelhäutchen und begann, wieder ins Gras gefallen, aufs neue sein Lied zu zirpen. Auch die Fliege wurde freigelassen; sie legte ihre Flügel zurecht und flog ohne Bauch zu den Pferden.  - Anton Tschechow, Die Steppe. Nach (tsch)

 

Fressen

 

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Synonyme
Atzung