reundin   Fräulein du Plessis ist noch immer genau so, wie Sie sie beim letzten Mal gesehn haben. Sie hat eine neue Freundin in Vitre, auf die sie sehr stolz ist, weil sie gebildet sei, alle Romane gelesen und zwei Briefe von der Prinzessin von Tarent erhalten habe. Ich ließ der du Plessis zum Spaß durch Vaillant sagen, ich sei eifersüchtig auf diese neue Freundschaft, man merke es mir zwar nicht an, aber im Herzen sei ich es. Alles, was sie darauf geantwortet hat, wäre Molières würdig! Es ist sehr komisch, zu sehen, wie sie mich schont, geschickt das Gespräch ablenkt, um nicht von meiner Rivalin zu sprechen. Ich spiele aber auch meine Rolle sehr gut!  - (sev)

Freundin (2)  »'ne Freundin hab ich auch ma' gehabt«, sagte Varecha. Er bohrte den verfärbten Daumennagel in die Orangenschale und riß ein Stück ab. »Der hab ich immer Süßigkeiten geschenkt.« Sein Mund zuckte, er sah sich rasch um und lächelte Westland verschmitzt an. »Ich hab sie umgebracht.«

»Was!«

»Ja.« Varecha sabberte leicht. Das war toll! Und wie! Daß er dem netten Typ zeigte, was für ein Kerl er war! »Ich hab sie in der Lawndale Avenue vor 'n Auto gestoßen und bin abgehauen. Hat mich nich' ma' jemand gesehen.« Sein Kopf machte die mechanisch ruckende, verstohlene Bewegung, mit der er sich nach hinten umguckte. »Hat Anna geheißen.«

Das elektrische Licht im Flur lag milchig-fahl auf dem Gesicht des Mörders. Auf seinem Kinn sproß Haar in vierteldollargroßen Flecken; sein Hals war noch wund von dem Versuch, sich aufzuhängen. Westland sah zu, wie sich die Speichelbläschen auf seinen zitternden Lippen bildeten, fragte wie gebannt: »Wie haben sie dich drangekriegt, wenn keiner gewußt hat, daß du's warst?«

»Ho! Ho! Dafür ha'm sie mich doch gar nich' drangekriegt.« Das war toll! Und wie! Varecha stotterte vor Eifer, seine Geschichte zu erzählen. »Das war 'ne andere. Ich bin mit der Schnalle auf ihr Zimmer gegangen, ja? -und hab ihr 'n Dollar gege'm, un' sie hat sich hingelegt, un' sie war dick un' fett, wie wenn sie 'n Braten im Rohr hat, ja?, un' ich hab mein Messer genommen un' hab ihr den Bauch aufgeschnitten.« Varechas Gesicht war fanatisch, verzückt. »Die hättste ma' brüllen hören sollen.«

»Mein Gott! Warum hast du das getan?«

»Warum?« Der ekstatische Ausdruck schwand aus Varechas Blick, seine mageren Schultern krümmten sich nach vorn, er zog sich in sich selbst zurück. Jetzt tat ihm der Kopf weh. Was fragte der Mann da? Ach so, ja. Warum? Er murmelte seine Antwort. »Ich weiß nich'.« - Jonathan Latimer, Wettlauf mit der Zeit. Zürich 1990 (zuerst 1935)

Freundin(3)nen   In einer Ecke sprachen Quarnian und Gwynyfryd über Männer. »Ach, neeiin Quarnian«, sagte Miss Rattery mit der entsetzten Gier der britischen Jungfrau in Dingen der Liebe. »Ich kann das nicht glauben . . . Wirklich nicht.«

»Er hat es aber doch getan. Wirklich wahr. Ach, unser Sam ist ein böser Junge.«

»Aber warum hast du es ihm erlaubt?«

»Ich wollte sehen, ob er es tut.«

»Nun, dann scheint es mir, daß man dir ebensoviel vorwerfen muß wie ihm«, erklärte Miss Rattery großartig.

»Wer wirft wem was vor?« entgegnete Quarnian mit vernichtender Sachlichkeit.

Da sie ihr Ziel erreicht hatte, Gwynyfryd zu entsetzen, wandte sie ihre Aufmerksamkeit der Gruppe der älteren Damen zu. Diese zogen gerade über die durchaus ehrenwerte Tochter eines Lehrers aus Merchester her, die man mit einem verheirateten Mann im Kino gesehen hatte. Da Quarnian unglücklicherweise das fragliche junge Mädchen nicht kannte, interessierte sie das Thema nicht.

Sie wandte sich wieder Gwynyfryd zu und gähnte unverhohlen. »Ach, Gott, wenn Ivy bloß schon da wäre. Dies ist wirklich unsagbar langweilig. Ich hab' die gute Ivy seit Jahren nicht gesehen. Kaum einmal, seit sie verheiratet ist. Und du?«

»Ja, ich sah sie in Merchester vor ungefähr zwei Wochen.«

»Hast du sie gefragt, wie ihr die Ehe gefällt?« fragte Quarnian mit einem lüsternen Augenzwinkern.

»Neeiin, ich habe das nicht getan«, entgegnete Gwynyfryd, die immer affektierter wurde, je schockierter sie war.

»Sie haben ein hübsches Haus, nicht wahr?« sagte Quarnian neidisch. »Bill Chatford muß ganz schön verdienen. Der hat seinem Vögelchen kein schlechtes Nest eingerichtet. Natürlich, er hat all die Jahre, die er hier gewohnt hat, wie ein Irrer gespart. Wie gefällt Ivy das Leben in Merchester?«

»Aaach, ganz gut, glaube ich.« Gwynyfryd trank einen Schluck Tee. Der kleine Finger ihrer rechten Hand war so weit unter dem anderen Finger versteckt, daß niemand ihn hätte beschuldigen können, er sei weggespreizt.

Auch Quarnian trank einen Schluck Tee, und sie spreizte ihren kleinen Finger unverschämt weit weg. Als sie sah, daß Gwynyfryd ihn mit dem Ausdruck tiefsten Schmerzes betrachtete, prustete sie los und mußte ihre Tasse hinstellen. Quarnian hatte einen einfachen Sinn für Humor.

»Nun, hat Teddy dir schon einen Antrag gemacht, Gwynyfryd?« war ihre nächste Frage. Miss Rattery zu ärgern, war eine der wenigen Vergnügungen, die Wyvern's Cross Miss Torr zu bieten hatte.

Daß Gwynyfryd vierundzwanzig war, Miss Torr dagegen erst neunzehn, daß außerdem Gwynyfryd es sehr übelnahm, wenn ihre vierundzwanzigjährige Würde von neunzehnjähriger Unverschämtheit angegriffen wurde, und doch ganz unfähig war, sich richtig zu wehren, all das gab der Unterhaltung eine nicht unangenehme Würze.

»Quarnian, du sagst solch schreckliche Sachen«, jammerte Miss Rattery jetzt. Aber sie war klug genug, sich durch die Frage völlig verwirren zu lassen.

Quarnian bemerkte das Erröten ihrer Freundin mit Vergnügen und machte sich daran, es zu verstärken. »Nun, hat er dich in letzter Zeit wieder mal geküßt?« »Was meinst du ... wieder?«

»Na, er hat es doch getan, als er dich wegführte, um dir die Stecklinge zu geben. Bei der Tennisgesellschaft im letzten Sommer. Du erinnerst dich doch.« »Er hat es nicht getan.«

»Meine liebe Gwynyfryd, versuche du nicht, mir etwas vorzumachen«, sagte Miss Torr beschwörend und amüsierte sich köstlich dabei. Nun wurde Gwynyfryds Erröten recht interessant. »Etwas so Klares habe ich in meinem Leben nicht gesehen. Er führt dich sorgsam dorthin, wo man euch nicht sehen kann, statt dir die Dinger zu bringen. Du bist eine Stunde weg. Und dann kommt ihr zurück, seht beide ganz erregt aus. Und du willst mir erzählen . . . Ach, Gott, Gwynyfryd, ich bin vielleicht jünger als du, aber ich bin doch nicht erst gestern auf die Welt gekommen. Natürlich hat er dich geküßt.« »Das hat er nicht getan. Ich habe ihm das nicht erlaubt. Ein gräßlicher kleiner Mann.«

»Aha, er hat's also versucht, und du hast abgelehnt«, rief Miss Torr höchst entzückt aus. »Armer Teddy. Ich wollte bloß, ich wäre das gewesen. Ich finde nun gar nicht, daß er ein gräßlicher kleiner Mann ist.«

»Ist er aber«, sagte.Gwynyfryd durchaus rachsüchtig. »Armer, guter Teddy«, sagte Quarnian hämisch vergnügt. »Na, da sag' ich aber, er hat Pech gehabt. Wo doch alle wissen, daß er seine Frau bloß umgebracht hat, damit er dich heiraten kann, Gwynyfryd. Na, na, na.« »Quarnian!«

»Meine liebe Gwynyfryd, tu nicht, als ob du schockiert wärest. Natürlich hat Teddy seine Frau getötet. Und ich zumindest«, sagte Miss Torr unparteiisch, »werfe ihm das nicht vor.« - Francis Iles, Vorsätzlich. München o. J. (Goldmann 3059, zuerst 1931)

Freundin (4)   Meine Freundin hat weiße Haare und ist Organistin. Während der Predigt pflegt sie Schopenhauer zu lesen. Sie ist weise und originell und dieses rote Häuschen an dem See: Es ist die in 12 Kammern verstaute Unordnung des Lebens. Auf dem Flur hängen Stiche: Chien d'ârret anglais, l'étable paysan, Paris encendie, vue panoramique de l'Isthme de Suez - Kasten wie Findlinge groß, die grimmig knurren, wenn man sie aufschließt und - hole Atem: Plunder und Kleinodien, wie ein Kapitel JPauls, spanische Seidenroben, Konchilien, Stücke von Kulissen, sibirische Öldrucke, Manuskripte von HWolf, Kaleidoskope, Folianten, mottengerupfte Wiedehopfe, Alchymistica, mexikanische Kolibris, Vexierbilder, goldene Chronometer in ovalen Vitrinen, buntes Glas, durch das man flugs die Welt caputmortuum, purpur oder marillengelt' tüncht und färbt; und der Boden erst mit der Wehmut seiner Trümmer und seines Gerümpels; tapsend über Kannen, Glas, Kinderbettstellen und Staketen, durch Spinnennetze, die der Staub zu Tüchern verklebt hat - die Luke geht auf! Das Dach, singende Drähte, Nester, Kresse und Rost, und die Schornsteine, diese Schlünde der Bosheit... der Blick klettert die Traufen herunter, durch die Äste eines Birnbaumes, schleicht sich wie ein Dieb über ach wie viele Dächer unter uns mit ebenso vielen Katzen und wahrhaftig, sehr weit ist hier die Aussicht: Sie geht bis zum Mond. - Hans Jürgen von der Wense, Epidot. München 1987

Freundin (5)   Wer sagt denn, daß die Riesenfrauen alle häßlich sind? Thor denkt an die Trolltochter Eisenscher, die er, kaum ein Jahr ist's her, gekannt hat. Ihr Bauch ist warm wie eine Schäre in der Sonne, und ihre Schenkel sind stark wie zwei Türpfosten. Nie hat er eine Frau geliebt, die so stolz und lüstern war wie sie.  - Tor Åge Bringsværd, Die wilden Götter. Dt. von Tanaquil u. Hans Magnus Enzensberger. Zeichnungen von Johannes Grützke. Frankfurt am Main 2001

Freundin (6)   Die Schriftstellerin Kathryn Hulme  beschrieb ihre erste Begegnung mit Flanner, Solano und Barnes, die sie im >Café de Flore< in einer Reihe sitzend wie die drei Schicksalsgöttinnen vorfand: »Jede von ihnen in schwarzern, maßgefertigtem Kostüm, weißem Satinhalstuch und weißen Handschuhen, und jede von ihnen mit einem Martini vor sich auf dem Marmortisch«.

In einem Gespräch mit dem Barney-Biographen George Wickes meinte Janet Flanner später, sie habe das Gefühl, weder Natalie Clifford Barney noch ihre engeren Freunde gut gekannt zu haben - mit Ausnahme von Eyre de Lanux, Dolly Wilde und Djuna Barnes. Sie hielt Natalie Barney weder für eine außerordentliche Literaturkritikerin noch für eine besonders belesene Frau, wenn sie ihr auch zugestand, ein großartiges Französisch zu sprechen. Natalie Barney ihrerseits hatte schon in den Zwanziger Jahren zu Djuna Barnes sich über Janet Flanner geäußert »Glänzend wie ein Knopf, aber wer will schon einen Knopf«?« - Nachwort zu (ladies)

Freundin (7)  Karathis, die Mutter des Kalifen, die ihr großes Ziel, die Gunst der finsteren Mächte zu erlangen, nie aus dem Auge ließ, lud die vornehmsten und erlesensten Damen der Hauptstadt ein. Aber mitten in der fröhlichsten Stimmung ließ sie Vipern unter ihre Gäste und befahl heimlich, ganze Töpfe mit Skorpionen unter die Tische zu leeren, die zubissen, daß es ein Staat war. Die Prinzessin ließ ihre Freundinnen ruhig sterben, nur hier und da: machte es ihr einmal Spaß, die Wunden zu behandeln, und zwar mit einem vorzuglichen Schmerzmittel, das sie selbst herstellte, denn diese gute Dame verabscheute Nichtstun durchaus.   - William Beckford, Vathek. Stuttgart 1983 (Bibliothek von Babel, Bd. 3., Hg. J. L. Borges)

Freundin (8)  Die beiden Frauenzimmer umarmten sich aus Grimasse, und hingen zusammen wie 2 Vipern in coitu.  - (licht)

Freundin (9)  »Ich bin dir sehr dankbar«, sagte Maja. »Ohne dich wüßte ich nicht, was ich tun sollte.«

Sie küßten sich. Aber beide wußten, daß ihre frühere offenherzige Vertrautheit unwiederbringlich vergangen war.

Die Geschäfte hatten sich zwischen sie geschoben, und-noch wichtiger- sie hatten kein Vertrauen mehr zueinander. Im Grunde wunderte sich Róza, daß Maja so leicht auf die Hilfe der Frau Präses eingegangen war, und Maja wiederum hegte den Verdacht, Róza sei auf diesem glatten und abschüssigen Wege schon weiter gelangt, als sie sagte. Insgeheim staunten sie beide übereinander und verachteten sich sogar ein wenig, doch beiden kam es zupaß, daß die andere so war, wie sie war.  - Witold Gombrowicz, Die Besessenen. München 1992


Freund Frau

 


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