Freudentaumel    Der Finger ist geheilt. Das ist aber jetzt ein Anfang, ein geheiltes Stück an dir, du willst sofort zum Frisör, damit ich auch äußerlich meinem inneren Zustand der Freude und Aufgeräumtheit entspreche ... in so einem Freudentaumel muß ich mich aus dem Altersheim gewagt haben, denn als ich mir ein paar schicke Wildlederschuhe verpaßte, sah ich, daß ich eine tiptoppe Frisur hatte. Ich ging wie ich war am selben Tag in eine Bar und wollte es wissen. Ich holte mir öffentlich das Schmalz aus den Ohren mit dem kleinen Finger und wischte es an den Barstuhl dran. Als mich einer hindern wollte, habe ich ihn auf dem Pflaster, mit einem Fuß im Rinnstein, habe ich ihn in kleine Stücke zerlegt. Ich kämmte mein Haar, da sah ich, daß auf meiner rechten Wildlederschuhkappe ein Flecken war von seinem dreckigen Blut, da habe ich den Schuh abgezogen und ihn damit ins Gesicht geschlagen und bei Gott ich habe damit mehr als ihn erschlagen. Ich ging in die Bar zurück mit zerzaustem Haar und warf einen wilden Blick in die Runde und alle schauderten, als hätten sie mich lange erwartet. Ist was, zischte ich, und sie wandten sich ihren Getränken zu, sie in Präzision einzunehmen. Es war ein Kind dabei, das hier nicht herpaßte, die nahm ich am Arm und sagte: Das ist nichts für dich, Kleine, wir beide verschwinden. Sie ließ sich auszahlen und zahlte mit dem Geld die Papiere, denn ich wollte mit ihr auf dem Standesamt gewesen sein, bevor wir vögelten.  - Herbert Achternbusch, Die Stunde des Todes. Frankfurt am Main 1975
 

Freude Taumeln

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