Frauenversteher   Ich sehe eben, daß ich geschrieben habe, ich verstehe nichts von Frauen. Aber jeder Mann hat ein eingefleischtes Sexbewußtsein. Ich war schüchtern und verwirrt, aber furchtbar fasziniert. Diese schlanke Frau, die wie eine kostbare Statue zwischen den fackeltragenden Pfeilern stand mit ihrem hellblonden, lockeren Haar, dem schmalen, zarten Gesicht und den hellen, strahlenden Augen war so bezaubernd wie ein verrückter Traum. Ich haßte sie instinktiv, haßte sie glühend, aber ich wollte doch ihr Interesse erwecken. Von diesen Augen kalt abgeschätzt zu werden, war für mich als Mann eine Beleidigung, ich spürte Feindseligkeit in mir aufsteigen. Ich bin körperlich stark und gut gebaut und größer als der Durchschnitt, und meine Gereiztheit machte mich von Kopf bis Fuß steif. Ich warf den Kopf zurück und erwiderte ihren kalten Blick mit meinem kalten Blick, ihren Stolz mit meinem Stolz.

Einmal, während der Schiffsreise, das weiß ich noch, hatte ein Arzt, der sich mit Hypnoseversuchen abgab, mir gesagt, ich sei der unempfänglichste Mensch, der ihm je vorgekommen sei. Er sagte, als Hypnoseobjekt tauge ich etwa soviel wie der Tafelberg. Plötzlich wurde mir klar, daß diese Frau versuchte, mich unter eine Art von Zauberbann zu versetzen.

Die Augen wurden groß und leuchtend, und für einen Augenblick wurde ich mir bewußt, daß ein fremder Wille gegen den meinen ankämpfte. Im gleichen Augenblick bemerkte ich auch einen seltsamen Duft, der mich an jene verrückte Stunde in Kuprassos Gartenhaus erinnerte. Das ging schnell vorüber, und sie senkte eine Sekunde lang den Blick. Darin sah ich ein Versagen und doch auch eine Art von Befriedigung, als habe sie mehr in mir gefunden, als sie erwartete.  - John Buchan, Grünmantel. Zeichnungen von Topor. Zürich 1980 (zuerst 1916)

Frauenversteher (2)  Das Mäxchen sah aus wie ein menstruierender Junge, platt und fragil, während Sibylle die Maße eines Pin-up-Girls hatte: Typ Stars and Stripes. Auch Siggi und Fränki wohnten in Wohngemeinschaft, doch locker im Verhältnis zueinander, immer auf Suche und unruhig wie dreijährige Hengste. Sie waren, bei allem männlichen Gehabe - immer in Hosen, die Stimmen im Keller - vier kluge und ganz normal exaltierte Mädchen, die sich, weil sie zu oft auf doofe Jungs oder langweilige Männer (wie mich) gestoßen waren, ins eigene Geschlecht verkrochen hatten. Jetzt wollten sie anders, unbedingt anders sein. Dabei hätte ich es mit jeder von ihnen gekonnt. Und mit Sibylle habe ich im großen und ganzen prima geschlafen. Und die kühle Siggi habe ich ganz normal durchgezogen, ohne daß sie geklagt hätte hinterher. Und auch das Mäxchen wurde von mir, als es mit Billy ihren Schleckleck anfing, wie nebenbei vernascht. Nur Fränki, dieses Fuhrmannsgemüt, lag mir nie.   - (but)

Frauenversteher (3) Wenn man den Herrenfriseur hörte, dann sind die Frauen mit dem Dezimalsystem zu betrachten; mir ist, als hätte ich so verstanden, auch wenn ich es nur annähernd und unvollkommen verstanden haben werde, wegen des Durcheinanders, das dann auf einmal ausgebrochen ist. Die Frauen sollen also komplexe Figuren sein; feste Körper, die im Raum sind, wenn ich recht verstanden habe; und sie drehen sich vor deinen Augen und führen dir ihren Umfang, ihre Kurven, ihre Ecken und ihre gewellten Flächen vor.

»Jede Frau ist ein Problem für sich«, hörte ich den Herrenfriseur sagen.   - (mond)

Frauenversteher (3)  Der eine behauptete, sie seien gut, der andere, sie seien schlecht. Und beide hatten recht. Der eine meinte, sie seien falsch und treulos, der andere, sie seien aufrichtig und treu. Und beide hatten recht. Der eine sagte, sie seien geizig, der andere, sie seien freigebig. Und beide hatten sie recht. Der eine glaubte, sie seien schön, der andere, sie seien häßlich. Und beide hatten recht. Der eine war der Ansicht, sie seien geschwätzig, der andere, sie seien schweigsam. Der eine, sie seien offenherzig, der andere, sie seien verschlagen; der eine, sie seien unwissend und beschränkt, der andere, sie seien aufgeklärt und gebildet; der eine, sie seien keusch, der andere, sie seien lasterhaft und ausschweifend; der eine, sie seien verrückt und überspannt, der andere, sie seien vernünftig und maßvoll; der eine, sie seien groß, der andere, sie seien klein. Und beide hatten jeweils recht.   - (jak)

Frauenversteher (4)
 

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