Frauenliebe

 
Mittsommernachtstraum: Titania umarmt Bottom

"Titania umarmt Bottom"

- Johann Heinrich Fuessli

Frauenliebe (2) Sie hatte mit solcher Glut und so aufrichtigem Gefühl gesungen, die großen mandelförmigen Augen waren voller Tränen und glänzten im Lichtschein der Kerzen, sie hatte ihr Herz weit geöffnet, und, wirklich, ich wurde mitgerissen, war entzückt. Es lag eine Naivität, eine rührende Aufrichtigkeit darin, die keinen schlüpfrigen Gedanken aufkommen ließen - die Frau, die die Frau besang! Und seltsamerweise hatte sie weder das Gehabe noch den Ausdruck der virago, des Mannweibs, nein, sie war die liebende Frau, zärtlich, rätselhaft, unergründlich, ungreifbar.

Der Gegenstand dieser Liebe aber war bizarrerweise eine rothaarige Type mit männlichen Zügen, gebogener und hängender Nase, Doppelkinn, gelben Augen, vom Trunk aufgeschwemmten Wangen, platter Brust, krummen Händen, das abscheulichste Wesen, das man sich vorstellen kann, ein Scheusal, das selbst einen Bauernknecht abgestoßen hätte. Nach dem Ende des Liedes setzt Maria sich neben das Ungeheuer, das aufsteht, ihren Kopf ergreift, den Mund weit aufreißt und sie küßt, das heißt sie schlingt Marias beide Lippen in ihr scheußliches Maul hinein. Das nenne ich fleischliche Liebe, sage ich mir. Ich stoße mit der Rothaarigen an und saufe sie unter den Tisch. Sie fällt auf die Knie, starrt mich mit entsetzten Augen an und stößt ein idiotisches Lachen aus, wahrend sie sich an die Wand lehnt.

Ich habe noch nie eine solche Monstrosität in Menschengestalt gesehen, und meine Gedanken über die Emanzipation der Frau stehen für alle Zukunft fest.   - (plaed)

 

Liebe Frau

 

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