rauenheld Noblesse
oblige: Den aphrodisischen Angeboten der baronne kein Gehör zu schenken
hätte mich der Lächerlichkeit preisgegeben; in dieser selben Nacht glitt ich
auf Fußspitzen zu ihrem Abteil und, hingekauert und den Kopf träumerisch an
die Tür gelehnt, das Auge am Schlüsselloch, begann
ich vertraulich Mon ami Pierrot zu summen. Aus dieser milden Rast, die
dem Streiter inmitten des Lebenskampfes gegönnt war, weckte mich der antiquierte
Puritanismus des Obersten Harrap.
Tatsächlich packte dieser bärtige Alte, diese Reliquie aus dem piratenhaften
Krieg um Kuba, mich bei den Schultern, hob mich ein beträchtliches Stück in
die Höhe und setzte mich vor der Tür zur Herrentoilette
nieder. Meine unmittelbare Reaktion: Ich begab mich dort hinein und schlug ihm
die Tür vor der Nase zu. Da drinnen blieb ich knapp zwei Stunden und stellte
mich taub für seine wirren, in schlechtem Spanisch vorgebrachten Drohungen.
Als ich meinen Zufluchtsort verließ, war mein Weg frei. Freie Bahn! rief ich
mir selber zu und begab mich schnurstracks in mein Abteil. Wahrhaftig, die Göttin
des Abenteuers war meine Begleiterin. Im Abteil befand sich die baronne, mich
erwartend. Sie sprang mir entgegen. Im Hintergrund zog sich Goliadkin seinen
Rock an. Mit ihrer raschen weiblichen Intuition begriff die baronne, daß die
Einmischung Goliadkins die intime Stimmung zerstören mußte, deren verliebte
Paare bedürfen. Sie ging, ohne auch nur ein Wort an ihn zu richten. - H. Bustos Domecq: Sechs Aufgaben für Don Isidro Parodi, nach:
Jorge Luis Borges, Adolfo Bioy Casares: Mord nach Modell. Frankfurt
am Main 1993
Frauenheld (2) Anstatt
galant zu sein, wurde ich bei den Frauen, die ich liebte, leidenschaftlich,
den andern gegenüber fast gleichgültig, und vor allem empfand ich keinerlei
Eitelkeit. Daher meine spärlichen Erfolge und das andauernde Fiasko.
Vielleicht hat kein Mann am Hofe des Kaisers weniger Frauen gehabt als ich,
und dabei hielt man mich für den Geliebten der Frau des ersten Ministers. - (brul)
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