rauenhaargeruch
Der Geruch nassen Haares, des nassen Haares einer Frau, prägt
sich kräftig und nachhaltiger ein als andere Gerüche - warum, weiß
ich nicht. Sogar heute, nach fast vierzig Jahren, kann ich mich noch daran erinnern,
wie das Haar meiner Tante Tillie roch, wenn sie sich den Kopf gewaschen hatte.
Das ging gewöhnlich in der Küche vor sich, die immer überheizt war. Meistens
tat sie es samstags gegen Abend, wenn sie sich für einen Ball zurechtmachte,
was noch etwas Besonderes mit sich brachte - es erschien nämlich ein Kavalleriesergeant
mit prächtigen gelben Hosenstreifen, ein auffallend hübscher Sergeant, der selbst
in meinen Augen viel zu elegant, männlich und klug aussah, um zu einer Närrin
wie Tante Tillie zu passen. Wie dem auch sei, jedenfalls saß sie auf ihrem kleinen
Schemel am Küchentisch und trocknete sich die Haare mit einem Handtuch. Neben
ihr stand eine kleine Lampe mit verrußtem Zylinder, und neben der Lampe lagen
zwei Brennscheren, deren bloßer Anblick mir unerklärlichen Ekel einflößte. Gewöhnlich
hatte sie einen kleinen Spiegel auf dem Tisch aufgebaut. Ich sehe noch, wie
sie darin Grimassen schnitt, während sie sich die Mitesser aus der Nase quetschte.
Sie war eine hagere, häßliche, dumme Person mit zwei riesigen Schneidezähnen,
die sie einem Pferd ähnlich machten, wenn sich ihre Lippen zu einem Lächeln
hoben. Sie roch immer verschwitzt, sogar nach dem Bad. Aber der Geruch ihres
Haares - diesen Geruch kann ich nie vergessen, denn irgendwie verbindet er sich
mit dem Haß und der Verachtung, die ich für sie empfand. Der Geruch des trocknenden
Haares glich dem Dunst, der aus einem Sumpf aufsteigt. Ich erinnere mich an
zwei Gerüche: den einen, wenn das Haar naß war, und einen anderen, wenn sie
Haare in den Ofen warf und sie aufflammten. Immer gab es Haarknäuel, die von
ihrem Kamm stammten, und an ihnen hafteten Schuppen und der Schweiß ihrer fettigen,
schmutzigen Kopfhaut. Ich stand neben ihr und sah ihr zu, während ich mich fragte,
wie wohl der Ball sein und wie sie sich dort benehmen würde. Wenn sie sich aufgetakelt
hatte, fragte sie mich, ob sie nicht schön aussehe und ob ich sie nicht liebe;
natürlich sagte ich ja. Aber später, im Klosett, das in der Diele gerade neben
der Küche war, saß ich im flackernden Licht des auf dem Fensterbrett stehenden
Wachsstocks und sagte mir, daß sie verrückt aussah. Nachdem sie fortgegangen
war, ergriff ich die Brennscheren, roch daran und ließ sie auf- und zuklappen.
Sie waren abstoßend und anziehend - wie Spinnen. - (wendek)
|
||
|
|
|