Frauenduft   Auf dem Bett, umgeben von einer Unordnung aus Topfpflanzen, exotischen Palmen und Schnittblumen, schwach übertönt vom Gesang ungesehener Vögel, die man offensichtlich vergessen hatte - unbedeckt vom üblichen Nachtüberwurf, der wie eine Hülle auf die Begräbnisurne von guten Hausfrauen über den Käfig geworfen wird —, die Stütze der Kissen halb abgeworfen, von denen sie in einem Augenblick bedrohten Bewußtseins ihren Kopf abgewandt hatte, lag die junge Frau, schwer und aufgelöst. Die Beine in weißen Flanellhosen waren gespreizt, wie in einem Tanz, nur sahen die dick lackierten Pumps zu lebendig aus für den erstarrten Schritt. Die Hände, lang und schön, lagen an beiden Seiten des Gesichts.

Der Duft, den ihr Körper ausströmte, war von der Art jenes Erdenfleisches, der Pilze, das nach eingefangener Feuchtigkeit riecht und doch so trocken ist, umwölkt von dem Duft von Bernsteinöl, einem inneren Siechtum der See. Er ließ sie erscheinen, als sei sie in einen Schlaf eingedrungen, unvorsichtig und vollständig. Ihr Fleisch war wie Gewebe pflanzlichen Lebens, und darunter spürte man Gefüge, weit, porös und zerschlissen von Schlaf, als sei Schlaf ein Zerfall, der unter der sichtbaren Oberfläche nach ihr angle. Um ihren Kopf war ein Schimmern wie von Phosphor, der um die Peripherie eines Wasserkörpers glüht, als sei ihr Leben durch sie hindurchgelegt in linkisch-leuchtenden Entartungen; die quälende Struktur der geborenen Schlafwandlerin, die in zwei Welten lebt - Zusammentreffen von Kind und Desperado.  -  Djuna Barnes, Nachtgewächs. Frankfurt am Main 1982 (zuerst 1936)

Duft Geruch, weiblicher

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