lußsirene Sie
ist die einzige Sirene in diesem schlammigen, breiten, trüben und trägen
Fluß, und sie haust unter dem schwärzlichen Wrack einer untergegangenen Barke,
einem im Schlick verfaulenden Holzhaufen, zwischen verrosteten Büchsen, Flaschen,
glitschigen Schuhen und platten Fischen, die die Augen auf dem Rücken haben
-widerlich. Es gelingt ihr nicht einmal, ihre Haare sauberzuhalten; sie besitzt
nur einen alten, kaputten schwarzen Plastikkamm, in dem sich immer irgend etwas
Ekelhaftes verfängt: Papierfetzen, Apfelsinenschalen, Schnüre, wie sie der Fluß
in seiner unaufhaltsamen Gleichgültigkeit mit sich führt. Und so ist die Sirene
immer schmutzig, zerzaust, und jedesmal, wenn sie sich ans Ufer wagt, um sich
zu kämmen und sich die Dreckkrusten von den Schuppen zu kratzen, werfen die
Kinder des Orts mit Scherben nach ihr, die Männer machen ihr schweinisehe Anträge,
und eines Sonntags kommt sogar, kreuzschwingend, ein Pfarrer in Begleitung von
drei schwarzgekleideten Frauen, um sie zu exorzieren.
Darauf beschließt sie, sich nicht mehr blicken zu lassen. - J. Rodolfo Wilcock,
Das Stereoskop der Einzelgänger.
Freiburg 1995 (zuerst 1972)
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