inder, ehrlicher  Auf dem Rückweg wollte man den Feldkuraten und Schwejk mit dem zerlegbaren Altar nicht in die Elektrische einsteigen lassen.

«Daß ich dir eins mit dem Heiligen übern Kopf hau!» sagte Schwejk  zu dem Wagenlenker.

Als sie schließlich zu Hause anlangten, stellten sie fest, daß sie unterwegs irgendwo das Tabernakel verloren hatten.

«Das macht nichts», sagte Schwejk, «die ersten Christen ham die heilige Messe auch ohne Tabernakel gelesen. Wenn wirs anzeigen möchten, so könnt der ehrliche Finder von uns Finderlohn verlangen. Wenns Geld wär, möcht sich vielleicht kein ehrlicher Finder finden, obzwar es noch solche Leute gibt. Bei uns in Budweis beim Regiment war ein Soldat, so ein gutmütiges Rindvieh, der hat mal 600 Kronen auf der Gasse gefunden und hat sie auf der Polizei abgegeben, und in den Zeitungen hat man von ihm als ehrlicher Finder geschrieben, und er hat einen Schkandal davon gehabt. Niemand wollt mit ihm reden, jeder hat gesagt: ‹Du Trottel, du, was hast du da für eine Dummheit gemacht. Das muß dich bis in den Tod verdrießen, wenn du noch bißl Ehr im Leib hast.›. Er hat ein Mädl gehabt, und die hat aufgehört, mit ihm zu reden. Wie er auf Urlaub nach Haus gekommen is, ham ihn die Kameraden bei der Musik deswegen ausn Wirtshaus herausgeworfen. Er hat angefangen zu kränkeln, hat sichs in den Kopf genommen und zum Schluß hat er sich vom Zug überfahren lassen. Einmal wieder hat in unserer Gasse ein Schneider einen goldenen Ring gefunden. Die Leute ham ihn gewarnt, er soll ihn nicht auf der Polizei zurückgeben, aber er hat sich nicht sagen lassen. Man hat ihn ausnehmend freundlich empfangen, daß dort herich schon der Verlust von einem goldenen Ring mit einem Brillanten gemeldet is, aber dann schaun sie auf den Stein und sagen ihm: ‹Menschenskind, das is doch Glas und kein Brillant. Wieviel hat man Ihnen denn für den Brillanten gegeben? Solche ehrliche Finder kennen wir!› Zum Schluß hat sichs aufgeklärt, daß noch jemand einen goldenen Ring mit einem falschen Brillanten verloren hat, ein Familienandenken, aber der Schneider is halt doch drei Tag gesessen, weil er sich in der Aufregung eine Wachebeleidigung hat zuschulden kommen lassen. Er hat zehn Prozent gesetzlichen Finderlohn bekommen, 1 K 20 h, weil der Schmarrn 12 K wert war, und hat diesen gesetzlichen Finderlohn dem Besitzer ins Gesicht geworfen, und der hat ihn wegen Ehrenbeleidigung geklagt, und der Schneider hat noch 10 K Strafe bekommen. Dann hat er überall gesagt, daß jeder ehrIiche Finder fünfundzwanzig verdient, daß man ihn verprügeln soll, bis er blau wird. Man soll ihn öffentlich verhaun, damit sichs die Leute merken und sich danach richten. Ich denk, daß uns niemand unser Tabernakel zurückbringt, wenn auch hinten die Signatur vom Regiment is, weil mit Militärsachen will niemand was zu tun haben. Lieber wirft ers irgendwohin ins Wasser, damit er nicht noch Schererereien damit hat. Gestern hab ich im Wirtshaus ‹Zum goldenen Kranz.› mit einem Menschen von draußen gesprochen, er ist schon sechsundfünfzig Jahre alt, und der is auf die Bezirkshauptmannschaft nach Neu-Paka fragen gegangen, warum man ihm den Pritschwagen requiriert hat. Auf dem Rückweg, wie man ihn von der Bezirkshauptmannschaft herausgeworfen hat, hat er sich den Train angeschaut, der grad angekommen und auf dem Ring gestanden is. Ein junger Mann hat ihn gebeten, er soll für ihn eine Weile bei den Pferden warten, daß sie fürs Militär Konserven führen, und is nicht mehr zurückgekommen. Wie sie sich dann wieder in Bewegung gesetzt ham, hat er mit ihnen müssn, bis nach Ungarn, wo er auch irgendwo jemanden gebeten hat, er soll ihm beim Wagen warten, und nur dadurch hat er sich gerettet, denn sie hätten ihn nach Serbien geschleppt. Er is ganz verstört angekommen und will nie mehr etwas mit Militärsachen zu tun haben. - Jaroslav Hašek, Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Reinbek 1969 (zuerst 1923)

 

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