Finale   Greff hing in der Uniform eines Pfadfinderführers. Er hatte an seinem letzten Tag wieder in die Uniform der Vorkriegsjahre zurückgefunden. Sie war ihm eng geworden. Die beiden obersten Knöpfe und den Gurt hatte er nicht schließen können, was seiner sonst adretten Aufmachung einen peinlichen Beigeschmack gab. Zwei Finger der linken Hand hatte Greff nach Pfadfindersitte überkreuz gelegt. Ans rechte Handgelenk band sich der Erhängte, bevor er sich erhing, den Pfadfinderhut. Auf das Halstuch hatte er verzichten müssen. Da es ihm wie bei der Kniehose auch am Hemdkragen nicht gelungen war, die obersten Knöpfe zu schließen, quoll ihm schwarz-krauses Brusthaar aus dem Stoff.

Da lagen auf den Stufen des Podestes einige Astern, auch, unpassend, Petersilienstengel. Wahrscheinlich waren ihm beim Streuen die Blumen ausgegangen, da er die meisten Astern, auch einige Rosen zum Bekränzen jener vier Bildchen verschwendet hatte, die an den vier Hauptbalken des Gerüstes hingen. Links vorne hing hinter Glas Sir Baden-Powell, der Gründer der Pfadfinder. Links hinten, ungerahmt, der heilige Sankt Georg. Rechts hinten, ohne Glas, der Kopf des David von Michelangelo. Gerahmt und verglast lächelte am rechten vorderen Pfosten das Foto eines vielleicht sechzehnjährigen, ausdrucksvoll hübschen Knaben. Eine frühe Aufnahme seines Lieblings Horst Donath, der als Leutnant am Donez fiel.

Vielleicht erwähne ich noch die vier Fetzen Papier auf den Podeststufen zwischen Astern und Petersilie, Sie lagen so, daß man sie mühelos zusammensetzen konnte. Das tat Oskar, und er entzifferte eine Vorladung vors Gericht, der man den Stempel der Sittenpolizei mehrmals aufgedrückt hatte.

So bleibt mir noch zu berichten, daß mich damals der aufdringliche Ruf des Unfallwagens aus den Betrachtungen über den Tod eines Gemüsehändlers weckte. Gleich darauf stolperten sie die Treppe herab, das Podest hinauf und legten Hand an den hängenden Greff. Kaum jedoch, daß sie den Händler gelüpft hatten, fielen und stürzten die das Gegengewicht bildenden Kartoffelkörbe: ähnlich wie bei der Trommelmaschine, begann ein freigewordener Mechanismus zu arbeiten, den Greff geschickt oberhalb des Gerüstes mit Sperrholz verkleidet hatte. Während unten die Kartoffeln übers und vom Podest auf den Betonboden polterten, schlug es oben auf Blech, Holz, Bronze, Glas, hämmerte oben ein entfesseltes Trommlerorchester Albrecht Greffs großes Finale.  - Günter Grass, Die Blechtrommel. Frankfurt am Main 1965 (zuerst 1958)

Finale (2)

Giuseppe  Ungaretti

 FINALE

Più non muggisce, non sussurra il mare,
Il mare.

Senza i sogni, incolore campo è il mare,
iI mare.

Fa pietà anche il mare,
II mare.

Muovono nuvole irriflesse il mare,
II mare.

A fumi tristi cede U letto Il märe,
II mare.

Morto è anche, vedi, il mare,
II mare.

Nicht mehr bröllt, nicht mehr flüstert das Meer,
das Meer.

Ohne die Träume, ein unfarben Feld ist das Meer,
das Meer.

Es macht Erbarmen auch das Meer,
das Meer.

Es bewegen achtlose Wolken das Meer,
das Meer.

Traurigem Rauch überläßt sein Bett jetzt das Meer,
das Meer.

Gestorben ist auch, sieh nur, das Meer,
das Meer.

- Übersetzung von Ingeborg Bachmann, nach (frach)

Schluß

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