erdydurke Der
Titel des Romans, Ferdydurke, ist so etwas wie die sprachliche Form des Tintenkleckses
beim Rohrschach-Test - ein Symptom des ungestalten, unreifen (jedoch schon zur
Symmetrie gezwungenen) Chaos, das zum Sprengstoff gegen die offiziellen Formen
umgemünzt werden kann. Wie beim Tintenklecks des Rohrschach-Tests, kann man
auch in dieses Noch-nicht-Wort manches hineinsehen. Die ersten beiden Silben
erinnern an den Vornamen Ferdinand (poln. Ferdy-nand), der in beiden Sprachen
etwas Komisches und Dämliches hat (denken Sie an unseren Komiker Weiß Ferdl),
ferner steckt das Rotwelsch-Wort Urke (Ganove) darin, hübsch konterkariert durch
das polnische Etym dur- (ferdyDURke), das »Trottel« bzw. »trottelig« bedeutet
(hätten wir Ferdy-durke nicht »übersetzen« sollen in Ferdidumke oder Fiddi-dumke?).
Die Silbe dyd (ferDYDurke) erinnert an »dydek« -Dittchen, Zaster, Kies, Knete.
Beachtenswert ist noch die geschlechtliche Zwitterstellung des ganzen Stolper-
und Stot-ter-Wortes: Ferdy macht sich maskulin, aber -ke auch feminin wie bei
uns in Heike oder Mareike. Gombrowicz selbst, in erotischen Dingen nach eigener
Auskunft »unkategorisch«, verwendet seinen Titel bald als Maskulinum, bald als
Femininum. Der Titel ist also ein Wort, das in verschiedenste Kontexte gestellt
werden kann, das aber jeden Kontext, der sich ihm als klare Bedeutungsform überstülpen
will, veralbert und zersetzt. Ein Wort, das aus seiner Wortschwäche heraus jede
sprachliche Form besiegt, in jedem sprachlichen Ganzen ein »niedriger« Teil
für sich bleibt - in Übereinstimmung mit den poetischen Hymnen an die niedrigen
Teile, den kitzligen Zeh, die Hand, den Fuß und den Popo. -
Rolf Fieguth, Nachwort zu (fer)
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