einheit,
sprachliche
Ich gehe durch den Flur eines Hotels an mehreren offenen Zimmertüren
vorbei. In einem Zimmer sagt eine Frau gerade: »Wir können doch nicht gleich
ins Bett steigen.« Ich denke: Wie fein doch die deutsche Sprache ist. Man muss
gar nicht den Ton ändern und kann doch ausdrücken, ob man etwas selbst will
oder nicht. Hätte sie gesagt ins Bett gehen, hätte sie es auch selbst gewollt,
bei steigen ist klar, dass sie es nicht will. Und während ich in einen abgedunkelten
Saal komme, automatisch weiß, dass hier in den fünfziger Jahren einmal regelmäßig
Feste stattgefunden haben, zu denen auch meine Eltern gingen, um zu tanzen,
während jetzt alles längst verödet, obwohl noch in Betrieb ist, überlege ich,
worin genau die Bedeutung des Verbs steigen in diesem Zusammenhang liegt, dass
Steigen natürlich eine Anstrengung bedeutet, aber auch einen in diesem Zusammenhang
übertriebenen Vorgang, und ich denke, dass Gernika ins Bett gestiegen ist mit
anderen, bevor sie mich kannte, und dass allein dieser Gedanke, dieser schmerzliche,
aber dennoch gerade erträgliche Gedanke, meine Leidenschaft zu ihr immer aufrechterhält.
- (raf)
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