Federn lassen  In meinem Kopf war nun schon eine ganze Vogelkolonie, und ich hätte auf sie, auf meine Schöne, herabfliegen mögen wie eine Gabelweihe, die hoch oben in der Luft unten im waldigen Tal eine Beute sieht, herabstößt, sie mit einem Schlag ergreift und auf die Bergeshöhen mitnimmt. Dann kam es so: Der Tag begann schon zu dämmern, und ich wußte nicht mehr, wo sie war. Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, sie noch weiter zu rufen; da kauere ich mich am Fuß eines Hügels zusammen.

Und während ich dort bin, erklingt plötzlich der Hahnenschrei.

Ich schaue auf und sehe oben auf dem Berg, aber ganz nahe bei mir diesen Hahn, der ganz steif ist und, an seinem schrillen Krähen schier erstickend, den Hals streckt, und ich sehe ihn aufrecht gegen den hell gewordenen Himmel stehen. Ich weiß nicht warum, aber ich erstarrte wie zu Eis. Und als sie mich sah, denn der Hahn war sie, fliegt sie auf und läßt sich auf mich herunterfallen. Und ich auf und davon durch die Wälder und sie hinterher, ab und zu, wenn es ihr glückte, hackte sie mir in den Kopf. Und sie versuchte mich am Hals zu packen und mit ihren Hühnerfüßen auf meine Schultern zu springen, aber vergeblich. Und da ich das Geflatter über mir hörte, zog ich den Kopf zwischen die Schultern und lief halsbrecherisch. Als ich die Sonnenscheibe sah, war sie schon weg; wahrscheinlich war sie nach Hause in ihren Gemüsegarten hinter der Pizzeria zurückgekehrt.

Und auch ich kehrte kleinlaut und todmüde in meinen Strohhaufen zurück.

Der Präfekt sagte: »Na, wie war's?« Und ich: »Ich weiß nicht, wie die Liebe ist, ich weiß es nicht. Aber sie hackt mir ins Hirn, hier hinten«, und ich zeigte ihm mein gerupftes Schlafittchen, das heißt die Haare, die sich nicht nach unten legen wollten, und einige Büschel, die hochstanden, und daß mir die Haut abgezogen worden war und auch, glaube ich, der Knochen herausschaute.

Aber der Präfekt sagte: »Nein, nein, alles normal«, und er untersuchte meinen Kopf. »Das kommt daher, daß man meint, das Hirn wäre einem ausgedörrt, solche Streiche spielt einem die Liebe.« Aber er lachte.

Und ich: »Aber ich weiß nicht, ob es eine Frau ist, oder ob sie zur Gattung der Hähne gehört, zum Beispiel der Auerhähne.«

Und der Präfekt sagte: »Da fehlt die Erfahrung.«

Und ich: »Aber ich habe Federn gelassen.«    - (mond)

 

Feder Verlust

 

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