arbenspiel
Der Baryt zerglüht mit einem flammenden Knall. Alles ist in Rauch gehüllt.
Mein Blickwinkel geht in einem Wirbelsturm unter. Ein bräunliches Rot fliesst
langsam in mein Sichtfeld und füllt es auf: ein dunkles, ein furchiges,
wie Seegras gekräuseltes Rot aus dicht aneinandergereihten hauchdünnen
Lamellen. Jede Lamelle ist von einer Pustel gekrönt, die brodelt und platzt
wie abkühlende Lava. Ganz plötzlich spaltet sich das Seetangrot, teilt
sich in der Mitte. Die Lamellen umstellen es in bebenden Grüppchen. Die
Pusteln atmen heftiger. Ein blauer, schnurgerader Strich zeichnet sich
ab, wird breiter, dehnt sich nach oben und nach unten. Drängend streckt
das Blau sein Laub in alle Richtungen. Es schiebt kleine, zitternde, quittenförmige,
den Spindeln des Frauenhaars ähnliche Blättchen über das Rot. Die roten
Lamellen und die blauen Blättchen wiegen und drehen sich paarweise, abwechslungsweise
... und zerrinnen. Zurück bleiben nur noch zwei bohnenförmige, einander
zugewandte Kleckse, der eine rot, der andere blau, zwei Embryonen ähnlich:
männlich und weiblich. Sie nähern sich, paaren sich, spalten sich, vermehren
sich zellenweise, grüppchenweise. Jede Spore, jede Sporangie ist mit einem
violetten, rasch dichter werdenden Netz umhüllt, das sich zu einem fleischigen
Fruchtknoten aufbläht. Kleine orangefarbene Rauten sprenkeln seine Oberfläche.
Die Rauten vergrössern sich zusehends. Und dann verschlingen, zerfleischen
sich das Orange und das Violett gegenseitig. Zweige, Äste, Stämme — alles
erbebt, duckt sich, richtet sich auf. Plötzlich entfaltet sich das Orange
wie eine Kürbisblüte. Der Kelch öffnet sich. Im Innern zittern zwei violette
Fruchtknoten auf einem rot und blauen Staubgefäss. Die Scheibe vergrössert
sich um eine Kerbe. Alles dreht sich in atemberaubender Geschwindigkeit
von der Mitte zum Rand hin. Eine wunderbar strahlendgelbe Kugel entsteht,
man könnte meinen, es sei eine Frucht. Das Gelb birst auseinander, schleudert
Konfetti, bunte Kerne, vielförmige Samen in die Luft. Dann fällt alles
prall wie Hagel und gleichförmig grün herunter. Fäden zeichnen sich ab,
Ketten, Schlingen. Zweige, Halme, verschlungen, rankend, kletternd. Grünzeug,
das bräunlich, gräulich wird, um dann nach und nach in einem Nebel verschwommener
Konturen zu verschwinden. Übrig bleibt das Weiss, das sich verdichtet,
sich verhärtet und vereist. Scheibenförmiges Ultraweiss. Und in der Mitte
dreht sich die Spirale! -
Blaise Cendrars, Im Hinterland des Himmels. Zu den Antipoden der Einheit.
Basel 1987 (entst. 1917)
Farbenspiel (2)
Es glückte uns, eine Dorade (coryphæna hippurus) zu erhaschen.
Für die Tafel ist auch dieser Fisch, seines trocknen Fleisches wegen, von keinem
sonderlichen Werth, desto mehr aber ergötzt er, wenn man ihn schlachten sieht,
die Augen, durch das unbeschreiblich schöne Farben-Spiel seiner Haut. Diese
verändert sich alsdenn unaufhörlich und eine herrliche Farben-Mischung wechselt
immer mit der andern ab, so lange der Fisch nur noch eine Spur von Leben in
sich hat. Meiner Empfindung nach, ist dies eins von den prächtigsten Schauspielen
die ein Reisender in den Seen des heißen Erdstrichs antreffen kann. -
(for)
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