Fangen ⁽²⁾ Ich war in einer fremden Stadt hinter einem Mann her, den ich haßte. Ich hatte ein offenes Messer in der Tasche und wollte ihn damit töten, sobald ich ihn fand. Es war Sonntagmorgen. Kirchenglocken läuteten, die Straßen waren voller Menschen, die zur Kirche wollten und aus ihr kamen. Ich wanderte fast so lange wie im ersten Traum, aber immer in derselben fremden Stadt.

Dann schrie der Mann, hinter dem ich her war, mich an, und ich sah ihn. Es war ein kleiner, brauner Mann mit einem riesigen Sombrero. Er stand auf den Stufen eines hohen Gebäudes auf der anderen Seite einer großen Plaza und lachte mich aus. Die Plaza war voller Menschen, die sich Schulter an Schulter drängten.

Mit einer Hand am offenen Messer in der Tasche lief ich auf den kleinen, braunen Mann zu, lief über die Köpfe und Schultern der Menschen auf der Plaza. Die Köpfe und Schultern waren verschieden hoch und ungleichmäßig im Abstand. Ich rutschte aus und strauchelte über sie hinweg.

Der kleine, braune Mann stand auf den Stufen und lachte, bis ich ihn fast erreicht hatte. Dann lief er in das hohe Gebäude. Ich jagte ihm nach, eine meilenlange Wendeltreppe empor, immer nur ein winziges Stückchen mehr als eine Armeslänge hinter ihm. Wir kamen aufs Dach. Er rannte schnurstracks auf den Rand zu und sprang im Augenblick, als meine Hände ihn berührten.

Seine Schulter glitt mir aus den Fingern. Meine Hand stieß seinen Sombrero weg und packte seinen Kopf. Es war ein glatter, harter, runder Kopf, nicht größer als ein großes Ei. Meine Finger reichten ganz um ihn herum. Ich umklammerte seinen Kopf mit einer Hand, um mit der anderen das Messer aus der Tasche zu ziehen - und merkte, daß ich mit ihm über den Dachrand gefallen war. Taumelnd stürzten wir hinab, den Millionen emporstarrender Gesichter auf der Plaza entgegen, meilenweit hinab.  - Dashiell Hammett, Rote Ernte. Zürich 1976 (detebe 69/II, zuerst 1928)