amilienbande  »Jeder von uns hatte reichlich Grund, Mordgedanken gegen alle anderen zu hegen. Chet dort drüben würde mich auf der Stelle erdrosseln, wenn er nicht Angst hätte, die nervenaufreibenden Nachwirkungen der Tat könnten sein Golfspiel beeinträchtigen - stimmt's nicht, mein lieber Chester? Rex fühlt sich uns allen überlegen und hält sich wahrscheinlich für einen außerordentlich rücksichtsvollen und nachsichtigen Menschen, weil er uns nicht alle schon vor langem ermordet hat. Und der einzige Grund, warum Mutter uns bisher nicht umgebracht hat, ist, daß sie gelähmt ist und es einfach nicht zustandebringt. Und Julia, wo wir schon bei diesen Dingen sind, die hätte ohne mit der Wimper zu zucken zusehen können, wie wir alle in siedendes Öl getaucht werden. Und Ada « - ihre Brauen zogen sich zusammen, und ihre Augen funkelten böse -, »der wäre es ein Vergnügen, uns alle ausgerottet zu sehen. Sie gehört nicht wirklich zu uns, und sie haßt uns. Und ich selbst, ich hätte auch nicht die geringsten Skrupel, den Rest meiner lieben Familie um die Ecke zu bringen. Ich habe schon oft daran gedacht, aber ich habe mich nie für eine hübsche, gründliche Methode entscheiden können.«  - S.S. van Dine, Der Mordfall Greene. Köln 1991 (zuerst 1927)

Familienbande (2) Sie nahm ihr Sonntagsessen stets allein ein; nie war ihr Haus von einer Verwandtenschar überfüllt, und sie wollte auch mit niemandem verwandt sein. In Cheehaw hatte sie eine Großtante gehabt, die dort den Mietstall besaß, aber die lebte nicht mehr. Und sonst hatte sie nur noch eine Kusine zweiten Grades, die in einer zwanzig Meilen entfernten Stadt wohnte, doch die Kusine und Miss Amelia kamen nicht gut miteinander aus, und wenn sie sich zufällig auf der Straße begegneten, spuckten sie in den Rinnstein. - (bal)

Familienbande (3) Ich wurde vor nun schon zweiundzwanzig achtzwölftel Jahren geboren, in einem kleinen normannischen Schlößchen nicht weit von Quettehou. Mein Vater, ehemals Professor für gutes Benehmen am Institut von Mademoiselle Désir, hatte sich dorthin zurückgezogen, nachdem er ein Vermögen erworben hatte, um ungestört seine Kammerfrau und die Früchte harter mühseliger Arbeit zu genießen; meine Mutter, eine seiner ehemaligen Schülerinnen, die zu verführen ihn viel Mühe gekostet hatte — denn er war sehr häßlich -, war ihm nicht dorthin gefolgt und lebte in Paris in wechselndem Konkubinat mit einem Erzbischof und einem Polizeikommissar. Mein Vater, ein wilder Antiklerikaler, wußte nichts von der Liaison meiner Mutter mit ersterem, sonst hätte er die Scheidung verlangt; aber er freute sich über die Halb-Verwandtschaft, die ihn mit dem Spürhund verband, denn sie gestattete ihm, diesen ehrenwerten Beamten mit seinem Spott zu demütigen, weil er sich mit dem von ihm Verschmähten begnügte. Mein Vater besaß andererseits ein beachtliches Vermögen in Gestalt eines Grundstücks (das er von seinem Großvater erhalten hatte), das in Paris an der Place de l'Opéra gelegen war. Es gefiel ihm, sich sonntags dorthin zu begeben, um dort vor der Nase und zum Ärger der Autobusschaffner Artischocken anzupflanzen. Wie sie sehen, verachtete mein Vater die Uniform in all ihren Erscheinungsformen.  - Boris Vian, Der Voyeur. Berlin 1989

Familienbande (4)  Nach dem Verständnis der Navajos war der Captain weitläufig mit ihm verwandt, es gab Verbindungen zwischen den Clans. Chees Vater stammte aus dem Bitter Water People, also war das der Clan, in dem Chee geboren war. Wichtiger war für ihn allerdings die Familie seiner Mutter, das Slow Talking Dinee - der Clan, für den er geboren war. Largo war im Standing Rock Dinee, aber - genau wie Chees Vater - für das Red Forehead Dinee geboren. Also waren Chee und Largo verwandt, sehr entfernt natürlich, aber eben doch verwandt, und zwar in einer Kultur, in der Familienbande den höchsten Stellenwert haben und es als vornehmste Pflicht gilt, sich für einen Verwandten verantwortlich zu fühlen. Andererseits erinnerte er sich gut daran, daß ihn niemand jemals so übers Ohr gehauen hatte wie ausgerechnet ein Onkel väterlicherseits, ganz davon zu schweigen, daß er, seinerzeit in der Internatsschule bei Two Gray Hills, die schlimmste Tracht Prügel seines Lebens von einem Vetter mütterlicherseits bezogen hatte.  - Tony Hillerman, Der Wind des Bösen. In: T. H., Der Wind des Bösen / Schüsse aus der Steinzeit. München 1997

Familienbande (5)  
 

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