Fallenobjekt  JEAN-PIERRE SUC, Sänger, Gitarrist und Komponist, der 1968 im Zug zwischen Paris und Montpellier Selbstmord beging, hat mich oft dazu gebracht, eine ganze Nacht mit ihm zu vertrinken. Das einzige Andenken, das ich von ihm besitze, ist ein Luxuspräservativ, dessen Spitze als kleine Hand ausgebildet ist. EVA AEPPLI mietete nach SUCs Tode dessen Atelier an der Rue du CARDINAL LEMOINE (früher Rue des Fosses SAINT-VICTOR). Ich fand das Präservativ, als ich EVA half, im Atelier die furchtbare Unordnung aufzuräumen, vergaß es aber in der Schublade eines Tisches, den ich später, mit allem was sich darauf und in der Schublade befand, in ein Fallenobjekt verwandelt habe. ENRICO BAJ, zu dessen Sammlung der Tisch gehört, fragte mich bei seinem letzten Besuch in Paris (jemand hatte ihm einen Floh ins Ohr gesetzt), ob alle Gegenstände in und auf dem Tisch wirklich fest aufgeklebt seien. Er habe ihn nämlich über einem sehr teuren Fernsehgerät in seiner Mailänder Luxuswohnung aufgehängt.

Ist das Fallenobjekt das Objekt das in der Falle sitzt (das Ding sitzt auf dem Tisch fest), oder ist das Fallenobjekt die Falle in der das Objekt sitzt (der Tisch der das Ding festgeklebthält)? Oder ist das Fallenobjekt vielleicht beides zusammen: Ein Objekt das in einer Falle sitzt plus eine Falle in der ein Objekt sitzt? Nein, ist es nicht eher beides zugleich als beides zusammen? Das heißt: Ist es nicht sowohl ein Objekt das in einer Falle sitzt als auch eine Falle in der ein Objekt sitzt? Aber vielleicht ist es einfach so: Daß das Objekt (als das Ding das aus einem Objekt in einer Falle bzw. einer Falle mit einem Objekt drin gemacht ist), das Ganze, jenes Objekt ist, das in der Falle sitzt - oder die Falle ist, in der das Objekt sitzt? Aber weiter: Wenn nun die Falle, im Falle des Fallenobjektes, kein Objekt wäre? Und wenn nun das Objekt, am Objekt des Fallenobjektes gezeigt, keine Falle wäre? Wenn also das Fallige am Fallenobjekt nur der Gedanke an die Falle wäre? Und das Objektige am Fallenobjekt nur der Gedanke an ein Objekt wäre? So daß das Fallenobjekt in einer Falle sitzt: dem Gedanken als Falle - oder das Fallenobjekt ein Objekt festhält: den Gedanken als Objekt? Wer ist der Gedanke aber anderer als der Fallensteller bzw. der Indiefallegeher, der Mensch der da denkt? Geht der Mensch da in die Falle, die ihm das Fallenobjekt so gefällig hinsetzt, und sitzt er da im Objekt fest? Oder geht das Fallenobjekt da in die Falle, die der Mensch ihm so gefällig hinsetzt, und sitzt es da im Menschen fest?

Das Luxuspräservativ in der Luxuswohnung, das ist der Hase im Kohl.   - Daniel Spoerri und Diter Rot, nach: Daniel Spoerri u. a., Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls. Neuwied und Berlin 1968

 

Falle Objekt

 

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