achgespräch  Minouche, kanntest du Adette, diese Hure, eine sehr begabte Jüdin . . . ? O es ist wirklich grotesk, wie sehr die Hallermünde ihr in vielem gleicht! Dieselbe israelitische Art, die unbekanntesten Dinge beim Namen zu nennen, von durchaus Unerklärbarem wie von einer Aktie zu reden und die Mundwinkel arbeiten zu lassen, als wäre, mit ihr verglichen, der Kaiser von China ein Insekt. Ich muß gestehen, daß mir das, allerdings gleichsam als Jugenderinnerung, sehr gefallen hat. Es erinnerte mich an meine ersten Arbeits-Versuche, die ich mit einem entgleisten deutschen Rittmeister in Deauville machte. Er war ein begeisterter Judenverehrer und deshalb Antisemit bester Marke. Er hatte den rührenden Ehrgeiz, tunlichst nur Juden hineinzulegen. Wer eben einmal Soldat war, überschätzt den Lorbeer. Eine Schwäche. Man hat in dieser Hinsiicht völlig in Absehung seiner persönlichen Lustwünsche zu fixen. Von diesem Herrn lernte ich, pekuniär unverständliche Situationen zu lieben. Und bei all dem hatte er die berüchtigte tête carrée. Aber ich behaupte: hätte der gute Junge nicht die Chance gehabt, einen riesigen Spielverlust nicht anders als mit einer Dame vom Berliner Palais de danse decken zu können, wäre er sein Leben lang der idiotische Schrittdriller geblieben, der er in Potsdam bei den Husaren Jahre hindurch gewesen war. Wenn er von den Genüssen sprach, die ihm die Situation verschaffte, als kaiserlich deutscher Rittmeister der Mec einer großen Hure zu sein, wurde er geradezu sentimental. O wir genossen damals beide sehr. Durch ihn verlernte ich bereits mit neunzehn Jahren mein sogenanntes Vaterland. Er hat mir einmal (wir arbeiteten drei Jahre zusammen) das Leben gerettet, indem er im richtigen Augenblick den Einfall hatte, ein gewisses Telephongespräch zu mimen. Ein exakt ahnender Junge! Er wurde in London nachts auf der Straße von einem Polizeiagenten, der ihn für einen lange gesuchten Einbrecher hielt, niedergeschossen. - Walter Serner, P.L.M. In: W.S., Der elfte Finger. München  1988 (zuerst 1927)

Fachgespräch (2)   Um in einem Rest von Würde glauben zu machen, daß sein Geist noch einigermaßen klar sei, begann der Chirurg von Malerei zu sprechen.

«Etwas Norwegisches bemerke ich in Van Dongen: Meiner Ansicht nach wendet er zu viel warme Töne und zu viel Bleiweiß an; aber in der Anordnung der Flächen fehlt es an Stereokopizität. Was meinen Sie dazu?»

«Ich, verehrter Doktor, meine», antwortete der Künstler, «daß die neue Heilmethode der Arteriosklerose mir gut scheint: in das Ohr des Kranken die Niere eines Pferdes pfropfen und ihm Inhalationen heißen Vitriols in die Augen verordnen; ich würde jedoch raten, ihm zwischen dem ersten und zweiten Rückenwirbel eine Injektion von chlorsaurem Kali und Ipekakuan zu machen.»

«Was für einen Blödsinn reden Sie da?» brauste der Chirurg auf.

«Ich wollte die Schuld abtragen für den Ihrigen, als Sie über Malerei sprachen.»  - Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo 12225, zuerst 1922)

 

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