Exzellenz  «O Exzellenz», sagte Seine Exzellenz, und den Satz, mit dem er aus dem Bett sprang, hätte man ihm bei seinem Alter und seiner Würde nicht zugetraut.

In lästigen Wellen war das Läuten des Telefons dem Schlafenden ins Bewußtsein gedrungen. Und mit dem Gefühl, seine Hand sei dabei unermeßlich weit von seinem Körper entfernt, hatte er den Hörer abgehoben. Und während ferne Schwingungen und Stimmen an sein Ohr schlugen, hatte er das Licht angeknipst und damit endgültig seine Frau aus dem Schlaf geweckt, der ihren unruhigen Körper ohnehin nur selten heimsuchte. Plötzlich gerannen die fernen Schwingungen und Stimmen zu einer ebenfalls fernen, aber verärgerten und strengen Stimme. Und seine Exzellenz fand sich im Schlafanzug und barfuß dienernd und lächelnd außerhalb des Bettes, als könnten seine Verbeugungen und sein Lächeln in die Sprechmuschel träufeln. Seine Frau schaute ihn angeekelt an. Und ehe sie ihm den Rücken — einen nackten, herrlichen Rücken — kehrte, murmelte sie: «Er sieht dich nicht. Du kannst dir das Geschwänzel sparen.» Tatsächlich fehlte Seiner Exzellenz in diesem Augenblick nur noch ein Hundeschwanz, um seine Ergebenheit vollkommen auszudrücken. Er sagte noch einmal: «O Exzellenz», und dann «Aber, Exzellenz ... Ja, Exzellenz ... Ganz recht, Exzellenz.» Und nachdem er hundertmal Exzellenz gesagt hatte, blieb er mit dem Hörer in der Hand stehen und murmelte, was er von der Mutter Seiner Exzellenz halte, der soeben, um zwei Uhr morgens aus Rom Verwirrung (er schaute seine Frau an, die ihm noch immer den Rücken kehrte) in sein ohnehin schon reichlich verwirrtes Leben gebracht hatte. Er legte den Hörer auf, hob ihn wieder ab und wählte eine Nummer. Seine Frau drehte sich wie eine Katze um und sagte: «Morgen schlafe ich im Gastzimmer.»   - Leonardo Sciascia, Der Tag der Eule. Zürich 1991
 

 

Mann, bedeutender

 

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