xpedition  AN DIE HERREN MAZERAN, VIANNAY UND BARDEY IN ADEN

Harar, den 25. August 1883

Herr Sacconi, der eine mit der unsren gleichlaufende Expedition ins Ogaden unternommen hatte, ist mit drei Dienern im Gebiet des Wabi benachbarten Stammes der Hammaden, ungefähr 250 Kilometer von Harar, am 1. August getötet worden. Die Nachricht davon hat uns am 23. in Harar erreicht. Die Ursachen dieses Unglücks waren die schlechte Zusammensetzung des Expeditionspersonals, die Unwissenheit der Führer, die die Expedition unglücklicherweise auch auf ausnehmend gefährlichen Wegen dazu verleitet haben, kriegführenden Völkerschaften zu trotzen. Endlich die schlechte Haltung Herrn Sacconis selbst, indem er (aus Unwissenheit) die Sitten, die religiösen Gebräuche und die Rechte der Eingeborenen verletzte.

Das Gemetzel ist aus einem Streit der Abbans entstanden: Herr Sacconi hielt einen eigenen Führer und wollte ihn bei seinem Durchmarsch gegen die sich anbietenden eingeborenen Abbans durchsetzen. Ferner ging Herr Sacconi in europäischer Kleidung, kleidete sogar seine Sebianen in [christliche] Hostranis, aß Schinken, trank seine Gläschen Schnaps in den Versammlungen der Scheiks, die ihn zum Essen eingeladen hatten, trieb seine verdächtigen Feldmesserkünste und stellte an allen Ecken des Weges seine Sextanten ein, usw. ...

Die dem Gemetzel entkommenen Eingeborenen sind drei Somali-Sebianen und der indische Koch Hadsch Scheiti, welche sich zu Herrn Sottiro, zwei Tagereisen von dort nach Osten, geflüchtet haben.

Herr Sacconi kaufte nichts, sein einziges Ziel war, das Wabi zu erreichen, um sich damit geographischen Ruhm zu verschaffen. - Aus: Arthur Rimbaud, Briefe Dokumente. Hg. Curd Ochwadt. Reinbek b. Hamburg 1964 (Rowohlts Klassiker 155/156)

Expedition (2)   Darin und wann im hohen Gras neben dem Pfad ein Träger, tot unter seinem Joch, den leeren Wasserkürbis und den langen Stab neben sich. Eine große Stille rings um uns und über uns. Vielleicht in einer ruhigen Nacht das Dröhnen ferner Trommeln, verhallend, anschwellend; ein Beben - gewaltig und dann wieder schwach; ein unheimlicher, flehender, vielsagender, ein wilder Klang - und vielleicht ebenso tief bedeutsam wie das Läuten der Glocken in einem christlichen Land. Einmal dann ein Weißer in aufgeknöpftem Uniformrock, der mit seiner bewaffneten Eskorte von Zanzibaris auf dem Pfad kampierte - sehr gesellig und fröhlich, um nicht zu sagen bezecht. Er inspiziere gerade die Ausbesserungsarbeiten an der Straße, erklärte er. Ich konnte nicht behaupten, irgendwo eine Straße oder Ausbesserungsarbeiten zu sehen, es sei denn, der Leichnam eines Negers mittleren Alters, mit einem Kugeleinschuß in der Stirn, über den ich drei Meilen weiter buchstäblich stolperte, durfte als bleibende Verbesserung betrachtet werden. Ich hatte noch einen weißen Gefährten - kein übler Bursche, doch eigentlich zu beleibt und mit der aufreizenden Angewohnheit behaftet, auf heißen Bergabhängen in Ohnmacht zu fallen, Meilen entfernt von jeglichem Schatten oder Wasser. Wirklich lästig, wißt ihr, die eigene Jacke als Sonnenschirm über den Kopf eines Mannes halten zu müssen, während dieser wieder zu sich kommt. Einmal konnte ich mich nicht enthalten, ihn zu fragen, in welcher Absicht er überhaupt hier herausgekommen sei. ›Um Geld zu verdienen, natürlich. Was denken Sie?‹ sagte er verächtlich. Dann packte ihn das Fieber, und er mußte in einer um eine Stange geschlungenen Hängematte weitergetragen werden. Da er über zwei Zentner wog, hatte ich ewig Scherereien mit den Trägern. Sie waren störrisch, liefen fort, stahlen sich des Nachts mit ihren Lasten davon - eine regelrechte Meuterei. So hielt ich eines Abends eine Ansprache in Englisch, begleitet von Gesten, deren Sinn den sechzig Augenpaaren vor mir nicht entging, und am nächsten Morgen gelang es mir denn auch, die Hängematte voraustragen zu lassen. Eine Stunde später fand ich den ganzen Kram gestrandet im Gebüsch liegen - Mann, Hängematte, Wolldecke, Gejammer  und  Entsetzen. Die  schwere Stange hatte seine arme Nase zerschunden. Er beschwor mich, jemanden zu töten.  - Joseph Conrad, Herz der Finsternis. Frankfurt am Main 1968
 
 

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