urythmie Rudolf Steiners Jüngerinnen, zwei ehrwürdige Anthroposophinnen, wollten der geistigen Aristokratie Asconas einen Begriff von Eurythmie vermitteln. In lang herabwalfende Gewänder gehüllt, marschierten sie mit eckigen Gebärden in einem Carré auf und ab, das von den Zuschauern freigelassen worden war. Die eine Gestalt war groß und hager, die andere klein und sehnig. Mit flachen Händen zerschnitten sie die Luft im Rudertakt, und ihre Stimmen formten dazu, in eintönigem Rezitativ, Goethesche Gedichte:
Herrlich und freudevoll
Bringe der Treue Zoll
Singender Chor!
Rasch
wie der Hände Klang
Töne des Liedes Drang
Steige der Festgesang
Zu
dir empor.
Fast alle Anwesenden hatten das Gesicht in diel Hände vergraben, die Rücken
zitterten . .. wohl unter andächtigen Schauern. Bisweilen nur wurde ein Taschentuch
vorsichtig hervorgezogen und ein Hustenreiz darin erstickt. Nach der Tanzdemonstration
waren die Ausführenden so gütig, noch einige tiefsinnige Gedanken zu äußern
über die Zusammensetzung der menschlichen Persönlichkeit: den Astralleib, den
Ätherleib, der höher steht, die heilige Zahl Sieben.
Die beiden alten Damen waren nicht in allen Punkten einig. Manchmal widersprach
die eine der anderen, die Worte wurden keifend. - Friedrich Glauser, Dada,
Ascona und andere Erinnerungen. Zürich 1976
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