Ethik   Spinozas Ethik befürwortet das konservativ-tätige, das bewegende Prinzip, und verwirft den Affekt und das Leiden. Man vergleiche die folgenden Sätze:

 1. Lust ist an und für sich nicht schlecht, sondern gut; Unlust dagegen ist an und für sich schlecht.

2. Wohlbehagen ist immer gut; Mißbehagen dagegen ist immer schlecht.

3. Mitleid ist bei einem Menschen, der nach der Leitung der Vernunft strebt, an und für sich schlecht und unnütz.

4. Reue ist keine Tugend und entspringt nicht der Vernunft; sondern derjenige, der eine Tat bereut, ist doppelt gedrückt oder unvermögend.

5. Weil alles, wovon der Mensch selbst die wirkende Ursache ist, notwendig gut ist (?), so kann dem Menschen kein Übel zustoßen, als nur von äußeren Ursachen.

6. Nach dem höchsten Naturrecht ist jedem erlaubt, das zu tun, was ihm nach seiner Meinung zum Vorteil gereicht.

7. Gott ist frei von allem Leiden, und wird von keinem Affekt der Lust oder Unlust erregt. (In diesem letzteren Satze wird ausgesprochen, daß es keinen leidenden Gott gibt; das Christentum also verworfen.)   - Spinoza, nach: Hugo Ball, Die Flucht aus der Zeit. Zürich 1992

Ethik (2)  Ueberhaupt ist es jetzt wirklich an der Zeit, daß die Ethik ein Mal ernstlich ins Verhör genommen werde. Seit mehr als einem halben Jahrhundert liegt sie auf dem bequemen Ruhepolster, welches Kant ihr untergebreitet hatte: dem kategorischen Imperativ der praktischen Vernunft. In unsern Tagen jedoch wird dieser meistens unter dem weniger prunkenden, aber glatteren und kurrenteren Titel »das Sittengesetz« eingeführt, unter welchem er, nach einer leichten Verbeugung vor Vernunft und Erfahrung, unbesehn durchschlüpft: ist er aber ein Mal im Hause, dann wird des Befehlens und Kommandirens kein Ende; ohne daß er je weiter Rede stände. - Daß Kant, als der Erfinder der Sache, und nachdem er gröbere Irrthümer dadurch verdrängt hatte, sich dabei beruhigte, war recht und nothwendig. Aber nun sehn zu müssen, wie auf dem von ihm gelegten und seitdem immer breiter getretenen Ruhepolster jetzt sogar die Esel sich wälzen, - das ist hart: ich meine die täglichen Kompendienschreiber, die, mit der gelassenen Zuversicht des Unverstandes, vermeinen, die Ethik begründet zu haben, wenn sie nur sich auf jenes unserer Vernunft angeblich einwohnende »Sittengesetz« berufen, und dann getrost jenes weitschweifige und konfuse Phrasengewebe darauf setzen, mit dem sie die klarsten und einfachsten Verhältnisse des Lebens unverständlich zu machen verstehn; - ohne bei solchem Unternehmen jemals sich ernstlich gefragt zu haben, ob denn auch wirklich so ein »Sittengesetz«, als bequemer Kodex der Moral, in unserm Kopf, Brust oder Herzen geschrieben stehe.

Daher bekenne ich das besondere Vergnügen, mit dem ich jetzt daran gehe, der Moral das breite Ruhepolster wegzuziehn, und spreche unverhohlen mein Vorhaben aus, die praktische Vernunft und den kategorischen Imperativ Kants als völlig unberechtigte, grundlose und erdichtete Annahmen nachzuweisen, darzuthun, daß auch Kants Ethik eines soliden Fundaments ermangelt, und somit die Moral wieder ihrer alten, gänzlichen Rathlosigkeit zu überantworten, in welcher sie dastehn muß, ehe ich darangehe, das wahre, in unserm Wesen gegründete und ungezweifelt wirksame, moralische Princip der menschlichen Natur darzulegen.  - Schopenhauer, Preisschrift Über die Grundlage der Moral

Ethik (3)

Ethik (4)  Beim Aufstellen seiner Ethik wurde der Sechzehnjährige als lächerlich verlacht. Sie sagten: Alles nur, damit die Würmer eine „bessere" Speise haben? Wenn es so ist, sagte der Sechzehnjährige, dann ist die Welt lächerlich; warum soll ich dann weniger lächerlich sein als die Welt?  - (met)
 
 

Ethik Werte

 

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