ssig
Es ist sonderbar, daß man der Bienen- und Teufelsmutter die Jungferschaft
durch ein einfaches Hausmittel so oft wiedergeben kann, als sie sie verscherzet,
und letzteres sollte in allen Dispensatorien zu lesen sein. Man macht nämlich
ein wenig Wasser (Weihwasser) oder auch Oel (letzte
Oelung) zurecht und beschmiert blos damit den äußern Bienenstock: den Augenblick,
und eh' noch das Schmieren zu Ende ist, ist schon eine so vollständige Ancora-Jungferschaft
da, daß es ~ und hätte die Seele bei tausend Teufeln geschlafen - dann eben
soviel ist, als hätte sie nicht Einen gesehen. Die langbärtigen oder longobardischen
Philosophen sollten sich dergleichen Meer- und Seelenwunder aufschreiben, um
die wichtigsten Schlüsse und Ostermeßprodukte daraus zu machen; sie würden dadurch
die Physiologen nachahmen, die ähnliche Schlüsse aus einem ähnlichen Arkanum
mit Nutzen ziehen. Ich meine den Jungferschaftsessig oder vinaigre de virginité,
der im Leiblichen wirklich eben das leistet, was das obige Hausmittel im Geistlichen
thut, wie denn der Macher des Essigs, ein Franzos, vom Gebrauch desselben allen
Damen in und außer der Ehe die Wiedergeburt
der Jungferschaft so klar und mit so verständlichen Worten verheißet, daß man
in der That die französische Glaubwürdigkeit völlig mit der punischen und griechischen
vermengen müßte, wenn man dennoch glauben wollte, der Franzos löge und sein
Essig verjungfere nicht. Aber rühmlich ists für Leute, die den Franzosen deßwegen
raufen, nicht, daß sie so etwas thun und eine wichtige Erfindung heruntersetzen
können, mit der sie doch weder in Nonnenklöstern noch in weiblichen Pensionistenhäusern
eine einzige entscheidende Probe angestellet haben, aus der sie wissen könnten,
was daran ist. - Jean Paul, Auswahl
aus des Teufels Papieren. Frankfurt / M. Berlin 1991 (zuerst ca. 1784/89)
Essig (2)
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